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Valldemossa im Midirock und Gedanken zum Massentourismus


Nachdem ich Euch letzte Woche mit nach Deià genommen habe, geht es heute nach Valldemossa, ein wunderschönes Dorf an der Westküste Mallorcas. Valldemossa ist nicht nur wunderschön, sondern Frederic Chopin verbrachte hier vor ziemlich genau 80 Jahren zwei Monate zusammen mit George Sand. Grund genug für eine Millionen Touristen, das Dorf jedes Jahr zu besuchen. Tja, und wir waren eben zwei davon. Allerdings waren wir vor den Anderen da *grins* Da unser Hotel ganz in der Nähe lag, haben wir es geschafft, in Valldemossa zu sein, bevor gegen elf die ersten Busladungen ausgekippt werden.

Und vor elf Uhr morgens ist es da richtig, richtig idyllisch. In den schmalen Gassen trifft man fast ausschließlich Menschen, die da leben. Und das sind immerhin zu 85 Prozent noch „echte“ Mallorquiner. Ich schätze, mit nur 15 Prozent "Einwohnern mit Migrationshintergrund" liegt Valldemossa für mallorquinischen Verhältnisse weit unter dem Durchschnitt. Außerdem sind vor elf Uhr vormittags die meisten Souvenirläden geschlossen und in den keinen Cafés bekommt man ohne Probleme einen Platz und einen hervorragenden Kaffee.

Durch die Gassen des mittelalterlichen Kerns von Valldemossa zu spazieren ist wie eine Zeitreise. Die Häuser und Gassen sind mit Blumen und Pflanzen geschmückt und an jeder Ecke findet man Statuen oder Bilder der heiligen Katharina von Palma, der einzigen Heiligen Mallorcas. Inzwischen sind zwar auch die Spanier nicht mehr katholischer als der Papst, aber vor allem die älteren Mallorquiner sind der Kirche und ihrer Heiligen sehr verbunden.

Mit Midirock und Bluse hätte ich sogar in die kleine Dorfkirche gedurft, aber dort fand gerade der Morgengottesdienst statt. Und nachdem ich einmal erlebt habe, wie Touristen in Barcelona einen Taufgottesdinest „gesprengt“ haben - trotz jeder Menge Schilder in ungefähr tausend Sprachen, die um Ruhe baten - hab ich mir geschworen, als Tourist niemals Menschen bei einem Gottesdienst zu stören.

Reicht schon, dass ich eine von einer Million Menschen war, die jährlich durch die Gassen stolpern - ich wüsste eigentlich gern, wie genervt die Mallorquiner vom Massentourismus sind. Klar, dass der Tourismus für Arbeitsplätze und wirtschaftliche Stabilität sorgt. Aber es gibt vermutlich kein Fleckchen auf der gesamten Insel, das nicht jeden Sommer von Urlaubern überrannt wird.









Ich bin schon von den paar Tausend Radwanderern genervt, die jeden Sommer direkt hinter unserem Haus entlang fahren und dabei ihren Müll vom Eispapier bis zur Wasserflasche am Wegesrand entsorgen. Bei einer Million Touristen würde ich wohl auswandern ;-) Auf der anderen Seite liebe ich das Reisen und bin halt regelmäßig in der Rolle des Touristen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ich meinem Müll fachgerecht entsorge, den Einheimischen nicht damit auf den Sack gehe, dass ich darauf bestehe, dass man deutsch mit mir redet oder mich sonstwie daneben benehme. Lösen kann ich das Problem höchstens dadurch, dass ich zuhause bleibe. Auch blöd. Was meint ihr?

Liebe Grüße

Fran

Kommentare

  1. Ich habe im Aachener Dom geheiratet, bei verschlossenen Türen. Anders geht das nicht. Wir hatten so innerhalb der Kirche keine Touristen sondern nur auf den Hochzeitsbilder vor der Kirche.
    Obwohl wir hier am See keinen Massentourismus haben, sind die Besucherzahlen schon hoch. Parkplätze sind dafür rar, an der Fähre geht oft nix mehr und in Ruhe Bummeln in den Städten am See ist in der Hochsaison auch nicht unbedingt möglich. Deshalb bin ich vorwiegend in der Nebensaison an den Hot Spots am Bodensee. Glücklicherweise sind die Menschen hier meist nüchtern und Jürgen Drews singt hier auch eher selten.
    Liebe Grüße
    Andrea

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    1. Aachener Dom klingt phantastisch! Und die Türen zu schließen war vermutlich eine gute Idee.
      Massentourismus herrscht hier auch beileibe nicht. In Hamburg allerdings gibt es den inzwischen schon. Irre, was da zwischen April und Oktober an den Wochenenden los ist. Zum Hafengeburtstag zu gehen ist inzwischen nur noch möglich, wenn man Menschenmassen wirklich richtig gern mag. Da war es vor 20 Jahren auch schon voll, aber kein Vergleich mit dem, was sich da heute abspielt.

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  2. Das mit dem Touristsein und darum wissen, ist schon eine schwierige Sache. Wo es schön ist, sind auch viele andere... Und als bewusster Tourist ist einem das dann auch oft noch besonders arg, wenn man sieht was da so ab geht.
    Aber auch wir haben die "vor 11 Uhr morgens-Strategie". Übrigens auch so in Valldemossa vor einigen Jahren - da waren wir schon um 10 Uhr und gleich rein in die Kartause, damit wir raus gehen, wenn die anderen kommen!
    Am wohlsten fühle ich mich, wenn ich in einem Ort einige Tage verbringe und mich ein wenig anpassen kann an die Gepflogenheiten der Einheimischen. Dann kennt man dann einige Schleichwege und auch Lokale, die nicht überflutet werden und kann zu untouristischen Zeiten zu den schönsten Orten gehen...
    Auch wenn es total bieder klingt, wir waren schon einige Male am selben Ort genau aus diesem Grund. In Potsdam, Triest oder am Bodensee z.B. kennen wir uns sehr gut aus und könnten Dir Ecken zeigen, die in keinem Führer stehen und die ganz besonders reizvoll sind.
    Touristen bleiben wir natürlich dennoch.

    Über Deine Reisebeschreibungen freue ich mich immer sehr. Da bin ich immer gern gedanklich mit dabei!
    Herzliche Grüße schickt Sieglinde

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    1. In der Kartause war ich gar nicht, wir waren so beschäftigt damit, jede Gasse zu erkunden, dass da schon eine Riesenschlange stand. Also haben wir drauf verzichtet. Ich liebe es, häufiger den selben Ort zu besuchen. Dummerweise werden es immer mehr Orte, die ich gern nochmal besuchen möchte. Und irgendwann reichen meine Urlaubstage und mein Geld einfach nicht mehr aus...

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  3. Oh nein Zuhause bleiben ist auch keine Option. Eher sich ordentlich benehmen. Da halte ich es wie Du.
    Schöne idyllische Bilder, danke das ihr so früh aufsteht :)
    Liebe Grüße Tina

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    1. Nein, zuhause bleiben ist wirklich keine Option. Ich bin gern zuhause, aber genauso gern bin ich auch unterwegs :-) Immer am gleichen Fleck - da kriege ich einen Lagerkoller.

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  4. Nein, zuhause bleiben ist absolut keine Option. Wenn Heerscharen von Touristen durch die Augsburger Fuggerei geschleust werden, frage ich mich schon, ob die Bewohner sich nicht vorkommen, wie im Zoo. In vielen kleinen Urlaubdörfern muss das ähnlich sein. Eine Lösung hab ich auch nicht, ziehe es aber, wie Du vor, zuzeiten dort zu sein, wenn der Andrang nicht so groß ist und auf jeden Fall verhalte ich mich so, dass ich möglichst wenig auffalle.
    Deine tollen Bilder machen Lust auf Mallorca.
    Liebe Grüße
    Sabine

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    1. Der Zoo-Gedanke überfällt mich auch immer wieder. Ich fürchte, ich würde mir genau so vorkommen.

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  5. Kann deine Gedanken gut nachvollziehen, denn ich grüble ebenfalls manchmal in diese Richtung. Da macht es die Situation auch nicht besser, das ich selbst Mühe habe in Wien von einem Punkt zum nächsten zu kommen, weil die Masse an Touristen einfach zu groß ist. Und es ändert nichts daran, das ich dann zu einem anderen Zeitpunkt jemandem in Florenz im Weg stehe, der zur Arbeit will.

    Die Fotos heute sind zauberhaft <3 LG

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    1. Wien ist bestimmt mindestens genauso "begehrt" wie Hamburg. Geht man als Wiener eigentlich überhaupt noch beispielsweise in den Prater?

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  6. Das sind wirklich ganz zauberhafte Bilder. Sowohl von Dir, als auch vom Ort.
    Und ja. Ich leide auch unter unseren Touristen. Sowohl denen, die den Marienplatz verstopfen, als auch unter denen, die jedes Wochenende meinen Ort in einem zähen Stau durchrollen.
    Ich halte mich einfach zurück mit dem Reisen. Eine bessere Lösung habe ich nicht.
    LG Sunny

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    1. Die Bilder sind nur so zauberhaft wie der Ort. Und der ist mächtig zauberhaft :-)
      Mich zurückhalten mit dem Reisen - das fände ich sehr schade. Ich möchte noch soooo viele Orte besuchen *seufz*

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  7. Das war in Prag ähnlich. Nachmittags ging teilweise gar nichts mehr. Am besten morgens direkt nach dem Frühstück die Sehenswürdigkeiten ansteuern und am Nachmittag die abgelegenen Ecken.

    Bei uns an der Ostsee ist in der Ferienzeit im Sommer kein Platz mehr am Strand zu bekommen, geschweige denn ein Parkplatz. Diese Zeiten meide ich ebenfalls für Strandbesuche.

    Liebe Grüße Sabine

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    1. Abgelegene Ecken gibt es auf Mallorca scheinbar wirklich kaum. Bei der Menge an Touristen ist selbst das entlegenste Bergdorf schon besetzt, wenn man ankommt *grins*
      Die Parkplatzsuche an der Ostsee war in diesem Sommer ganz schlimm. Da bin ich ja auch Tourist. In den Sommerferien mag ich mir das vorerst aber auch nicht mehr antun.

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  8. Mich nerven die Touristen in München nicht, im Gegenteil, ich sitze ganz gern im Hofbräuhaus - wegen der Japaner, Schweden, Chinesen, Australier... und nicht trotz. Von daher - nein, ich leide in München nicht. Das fände ich auch ziemlich dekadent, weil ich ja selbst gern reise. Aber ich leide mit, wenn ich wie Du gerade in kleinen, verwunschenen Dörfern bin, die regelrecht überschwemmt werden. Und wenn ich sehe, wie sich Europäer/"Westler" in Übersee verhalten. Wie sie halbnackt in Bangkok im Hotelcafe sitzen, nur, weil es warm ist. Da ist fremdschämen angesagt.
    Ich war sowohl auf Malle als auch öfter auf den Kanaren, da sind solche Touristen schon ein echtes "Problem". Einerseits leben die Einheimischen tw. von ihnen, andererseits werden z.B. Wohnungen nur noch an Touris vermietet und sind somit für Einheimische nicht mehr verfügbar, was ich schlimm finde. Das wohl grauenvollste Beispiel des negativen Tourismus: Venedig. Was für eine wunderschöne Stadt. Ganz unironisch! Wunderschön. Aber fest in der Hand asiatischer mafiöser Strukturen, die Billigklump made in China an die US-Touristen verramschen auf Kosten der Bewohner. Wie kann so etwas sein?
    Ein für mich unlösbares Dilemma. Denn natürlich wird es mich nicht davon abhalten, zu reisen.
    Tolle Bilder btw.!
    Liebe Grüße, Maren

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    1. Dekadent ist das schon - selbst reisen zu wollen und sich über Touristen in der eigenen Stadt zu ärgern. Aber manchmal, wenn ich wieder mal in die Wiese springen muss, weil die Damen und Herren ihre E-Bikes nicht im Griff haben und auch mich zu rasen, da werde ich tatsächlich stinkig.
      Venedig - irgendwie auch ein Opfer. und als wenn die Italiener nicht selbst genügend mafiöse Strukturen hätten...

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  9. :-) Liebe Fran,
    geh man weiterhin schön auf Reisen und berichte uns davon.
    Ich finde es auch gruselig, wenn die Leute ihren Müll überall lassen. Das müsste viel härter bestraft werden!
    Schönen Abend und liebe Grüße
    Claudia :-)

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    1. Oh, das werde ich tun, darauf darfst du dich verlassen :-)

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  10. Zuhause zu bleiben ist keine Lösung, nur ich habe am Ende zu verlieren. Ich liebe Reisen und ein Tourist zu sein. Aber das ist wirklich manchmal unverschämt wie viele sich auf Reisen benehmen. Das kann man leider nicht ändern!
    Vielen Dank für die schönen Bilder! In Valldemossa war ich leider noch nicht! Aber ich wusste schon, dass die Stadt wegen des berühmten Künstlerpaares sehr bekannt ist.
    Ich habe das Gefühl, etwas verpasst zu haben!
    Liebe Grüße,
    Claudia

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    1. Wer erwartet, dass am Reiseziel alles so ist wie zuhause, der sollte vermutlich wirklich besser zuhause bleiben...

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