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Polen? Ich? Was soll ich da?



So ähnlich habe ich reagiert, als der Vorschlag kam, den Ostsee-Sommerurlaub in Danzig zu verbringen. Naja, um ehrlich zu sein: Ich habe nachgesehen, zu welchem Land Danzig überhaupt gehört…

Jaja, typischer Besserwessi ;-) Nein, im Ernst: Polen war für mich ungefähr so weit weg wie der Mond. Und Danzig? Da war war was mit Lech Walesa und der Werftarbeitergewerkschaft. Nein, habe ich nicht im Geschichtsunterricht gelernt, sondern als Zeitzeuge erlebt. Shocking! OK, da in Danzig stand sie also, quasi die Wiege des Endes des Warschauer Paktes.

Aber war das nun ein Grund, gleich nach Polen zu fahren? Irgendwie hatte ich Bilder von einem Land vor Augen, das gerade erst den Sprung in die Jetzt-Zeit geschafft hatte. Klar weiß ich, dass Polen seit vielen Jahren Mitglied der EU ist. Aber das muss ja nix heißen. Dachte ich. Den Kopf voller dämlicher Vorurteile aufgrund von Nichtwissen. Und was soll ich sagen? Polen ist großartig und Danzig noch großartiger. Der Trip hat definitiv meine Neugier geweckt und ich habe da so einen Plan im Kopf, in den nächsten Jahren auch noch den Abstecher nach Kaliningrad zu machen und dann das Baltikum zu erkunden.

Aber bleiben wir vorerst in Danzig. Wenn man den Weg von Hamburg aus mit dem Auto erstmal geschafft hat – und der ist nicht ohne – dann erwartet einen eine wunder-wunder-wunderschöne Rechtstadt, die nach dem Krieg wieder aufgebaut wurde und in der man so manches Mal mit offenem Mund steht angesichts der prächtigen Gebäude.

Der Weg ist übrigens wirklich heftig, das war durchaus ernst gemeint. Auch wenn das Navi fröhlich verkündet, dass es parallel zur Ostseeküste ja nichtmal 500 Kilometer weit ist von der deutsch-polnischen Grenze bis nach Danzig. Die Strecke zieht sich mächtig, weil es keine Autobahn gibt, sondern Google einen über wirklich malerische Strecken schickt, auf denen man maximal 70 fahren kann. Wer die Tour also nachfahren möchte: Plant genügend Zeit ein oder übernachtet gleich wie ich in Stettin. Stettin gibt einen kleinen Vorgeschmack auf Danzig und ist eine ganz entzückende Stadt.

Aber jetzt weiter: Danzig ist wunderschön. Sagte ich das schon? Ich habe in einem zauberhaften Appartment gleich am Sportboothafen gewohnt und von dort aus hatte ich nicht nur die Mottlau direkt vor der Haustür, sondern auch die Altstadt war nur 100 Meter entfernt. Die kann man tagelang durchwandern und mindestens einmal pro Stunde in wunderbaren Cafés und wunderbaren Restaurants mit Blick auf den Fluss eine kleine Pause einlegen. In der Langgasse, die die Rechtstadt, so heißt die restaurierte Altstadt - durchquert, findet man übrigens NICHT die üblichen Verdächtigen wie in jeder Fußgängerzone Europas, sondern wunderschöne alte Häuser mit kleinen Läden, tollen Cafés und Restaurants. Wer beiden üblichen Verdächtigen shoppen möchte, muss sich in eines der hochmodernen Shopping-Centern bewegen. Dafür ist in der Rechtstadt den ganzen Tag was los: Einheimische, Touristen, Straßenmusiker, Luftballonverkäufer und ganz, ganz viel Charme. Und da ich ohnehin nicht zum Shoppen gekommen war, staunte ich also und lernte:

  • Polen ist ein tolles Land
  • In Polen findet man haufenweise wunderschöne Frauen, die es modisch einfach draufhaben
  • Polen sind superfreundlich
  • Das Essen ist phantastisch
  • Vorurteile sind dazu da, auf dem Müllhaufen der Geschichte zu landen.

Aber seht selbst. Und wen Danzig nun so gar nicht hinterm Ofen hervor lockt, der kriegt immerhin noch ein Sommeroutfit. Das ist zwar für dieses Jahr wohl nicht mehr angesagt, aber das Kleid war bei 30 Grad für einen Bummel durch diese wunderschöne Stadt wie gemacht.



















Fazit: Ich war definitiv nicht zum letzten Mal in Polen. Der nächste Trip, diesmal nach Krakau, ist bereits geplant :-)

Liebe Grüße

Fran

P.S. Und ja, ich weiß, dass die politische Situation in Polen sehr rechtslastig ist. Ich war ziemlich entsetzt, als ich in der Marienkirche das Grab von Pawel Adamowicz fand, der erstochen wurde, auch weil er sich für Flüchtlinge einsetzte. Das ist ein etwas merkwürdiges Thema in Danzig. Hier in Hamburg und Umzug sind die Straßen bunt geworden. Das ist in Danzig anders. Ich habe, als ich dort war, nicht einen einzigen nicht-weißen Menschen gesehen. Das fand ich merkwürdig. Sehr merkwürdig. Und ich schätze, wenn die ganze Welt es irgendwann merkwürdig findet, dass es Orte gibt, die nicht bunt sind, dann wird es besser laufen.

Kommentare

  1. Ehrlich jetzt ? Mich bringen keine zehn Pferde mehr dort hin. Vor ca. 20 Jahren war ich dort. Und alle Vorurteile hatten sich vollends bestätigt. Überall waren Alarmanlagen zu hören. Die Straßen dort zu befahren war extrem gefährlich weil irgendwer seine Paletten vom Anhänger verloren hat und es ihm schlicht nicht eingefallen ist sie wieder auszusammeln. Am Wegesrand lag schon mal der ein oder andere der einen über den Durst getrunken hatte. Auf dem Weg zur Grenze standen Kilometer lang Damen die sich etwas dazu verdienen wollten. Krass war allerdings wie baufällige Häuser direkt neben Villen vom feinsten standen. Ich könnte jetzt noch unendlich viel dazu schreiben was uns alles aufgefallen ist.
    Von daher freu ich mich zu hören das es auch anders ist. Gewesen sind wir übrigens in Częstochowa auf der Hochzeit eines Freundes . Zurückgefahren sind wir zwei Tage eher als geplant. Weil die beißenden Farben im Hotel die eigentlich für den Aussenanstrich geeignet gewesen wären , für Innen verwendet worden sind. Da hat es auch nicht überzeugen können das das Hotelpersonal sehr freundlich und zuvorkommend gewesen ist. Mal ganz von den unbequemen Betten und der Inneneinrichtung. Kann wirklich sein das es sich seid dem gebessert hat. Aber das war auch einer der Gründe warum mein Bedarf dieses Land je noch einmal zu besuchen, Geschichte ist.
    Den überaus Modischen chic der dortigen Frauen blieb mir leider auch verborgen. Viele Frauen haben mich eher an bezahlbare Damen erinnert . Sorry , aber selbst der Gatte war verwundert wie offenherzig sich das weibliche Geschlecht dort zeigt.
    LG heidi .... die Deine mitgebrachten Bilder wirklich klasse findet :))

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    1. Ok, ich habe genau das Gegenteil erlebt. Ja, die Straßen waren nicht das Gelbe vom Ei, verglichen mit einer deutschen Autobahn. Aber die Landschaft! Und die wunderhübschen, unglaublich gepflegten Dörfer. Da war fast nichts baufällig, da sah alles aus wie aus dem Ei gepellt. Und auch das Apartment war wirklich wunderhübsch und hätte ebenso in London, Paris oder Barcelona sein können. Und die Frauen waren wirklich, egal ob jung oder nicht mehr ganz so jung, wunderbar gestylt und aufgebrezelt. Die paar Tage Rügen nach Danzig waren ein echter Kulturschock in Sachen Styling...

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  2. Wow das sieht richtig toll aus. Allerdings machen mich Deine letzten Worte stutzig. Ich mag es nämlich bunt gemischt, ich bin das gewohnt. Gerade bei der Einschulung ist mir wieder aufgefallen wie bunt bittlerweile alles ist und es hat mich glücklich gemacht dass wir alle so zusammenrücken. Fast unvorstellbar für mich dass es Menschen gibt die das anders empfinden.
    Deine Fotos sind aber wirklich bestechend schön und sofort habe ich Danzig auf meine Liste gesetzt.
    Ich denke aber das ist von Mannheim aus richtig weit. Wohl eher eine Flugreise.
    Dein Kleid muss ich auch noch loben, ich find das sooo mega! Villeicht baust Du eine Lösung es im Herbst auch zu tragen ;)
    Liebe Grüße Tina

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    1. Von Mannheim aus würde ich definitiv fliegen. Und von Hamburg aus beim nächsten Mal wohl auch. Am liebsten wäre ich mit einer Fähre gefahren. Aber es gibt leider keine mehr.
      Für das Kleid und Herbst fehlt mir der zündende Gedanke. Das ist wirklich sehr, sehr sommerlich. Mit Strickjacke sieht es doof aus. Jeansjacke ginge vielleicht noch, aber dann friere ich trotzdem noch...

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  3. Liebe Fran, ich war schon ganz gespannt auf deinen Beitrag über Polen, da ich dieses Land noch nicht kenne und es mich ehrlicherweise bisher auch nicht wirklich dort hingezogen hat. Daher konnte ich natürlich deine Überschrift „Was soll ich da?“ gleich mal so richtig gut nachvollziehen. Umso mehr freut es mich jetzt aber, dass du von Polen und vor allem natürlich von Danzig schlussendlich so begeistert bist und sogar gleich ein Wiederkommen planst. Ich finde die Städte mit ihren alten Gebäuden auch immer ganz besonders und kann mich da gerne stundenlang treiben lassen und dabei in die Geschichte eintauchen – natürlich darf es dazwischen auch gerne mal ein Abstecher in ein Cafe sein. Dafür eignet sich auch deinen Fotos nach zu schließen Danzig eindeutig.
    Hab einen wunderbaren Tag und alles Liebe
    P.S.: Es freut mich, dass es mit deinem neuen Zuhause geklappt hat und wünsche dir alles Gute für dein neues Heim.

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    1. Danke :-) Auf das neue Zuhause freue ich mich unglaublich doll *jubel*
      Und ja, mich zog so gar nix nach Polen. Also überhaupt nichts. Und dann ging es mir so wie immer, wenn man nichts erwartet. Es war toll. A apropos Geschichte: Ich werde demnächst noch etwas über ein ganz besonderes Museum in Danzig schreiben. Das hat mich umgehauen. Da sollte die Leitung jedes Museums in diesem Lande mal zur Ausbildung ein paar Monate verbringen. Ich dachte immer, die Engländer wären unschlagbar, was Museen angeht. Aber die Polen sind mindestens gleichauf.

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  4. Polen steht seit 2-3Jahren auf meiner nicht vorhandenen Wish List. Wenn ich die Bilder sehe, rutscht es gleich ein bisschen weiter nach oben. War schon geplant im Zusammenhang mit Berlin. Die Teise fiel leider ins Wasser aber vielleicht im nächsten Jahr. Mal sehen,lohnenswert ist das allemal.
    Liebe Grüße
    Andrea

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    1. Von Berlin aus ist die Strecke wohl per Bahn ziemlich gut zu fahren - eine Freundin macht das am kommenden Wochenende. Ich würde auf jeden Fall gern nochmal hin, ich muss das Solidarnosc-Museum noch sehen :-)

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  5. Ich glaube ja, dass es überall toll ist. Wenn man bereit ist, sich auf neues einzulassen.
    Bei Polen denke ich zuerst an Juden Ghettos. Ich denke an den polnischen Arbeiterfüher. Ich denke an den verblichenen Papast. Ich denke an mastige Speisen. Ich denke an so blöde Sprüche wie:
    Schwenden: Schwendstahl
    Deutschland: Kruppstahl
    Posen: Diebstahl....
    Ich denke an Ostblock. Kommunismus.
    Und ja, es geht mir ähnlich wie Heidi, an aufgebrezelte, polnische Putzfrauen. Sieht natürlich besser aus als Kopftuch. Aber doch auch immer irgendwie unpassend.
    Und wenn Du das liest, weißt Du natürlich - das hatte die Sunny nie als Wunschland auf dem Zette. Da wäre aber einfach Paris oder Lissabon viel weiter oben auf dem Zettel.
    Trotzdem habe ich Deinen Bericht mit Intersse gelesen. Und kann durchaus nachvollziehen, was Dir dort so gut gefallen hat.
    BG Sunny

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    1. Na klar, die blöden Sprüche kennt jeder. An Ostblock und Kommunismus habe ich auch gedacht. Aber davon findest du nix mehr. Von aufgebrezelten Putzfrauen auch nicht. Ja, die Frauen achten sehr auf sich. Aber mit ganz viel Stil. Keineswegs unpassend. Ich war beeindruckt. Und habe gleich darauf in Rügen das Gegenteil mit der Armada von deutschen Touristen genossen. Der Kontrast fiel tatsächlich sehr auf. Na, und Paris und Lissabon hatte ich ja schon ;-)

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  6. Ich habe zwei wundervolle polnische Paare in meinem Freundeskreis und mit ihnen habe ich Polen zum ersten Mal besucht (https://claudialasetzki.com/auf-den-spuren-der-zwerge-von-breslau/). Wir waren nur in Breslau, aber wir planten andere Reisen, um Warschau und Krakau, Danzig und Posen zu sehen. Meine polnischen Freundinnen sind sehr elegant, sehr fesch, aber immer lady-like.
    Vielen Dank für die Tipps, ich hoffe, eines Tages die Stadt zu besuchen!
    Super schönes Kleid! Sieht sooo schön sommerlich aus! Du siehst so toll aus!
    Liebe Grüße,
    Claudia

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    1. Jetzt bin ich ein bisschen neidisch. Polen mit polnischen Freunden ist bestimmt noch besser! Solltest du im nächsten Jahr im Mai in Krakau sein, sag Bescheid :-) Und ja, die Polinnen sind wirklich sehr fesch. Da ziehe ich meinen Hut.

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  7. Ich hatte Dich schon auf Insta verfolgt und war ziemlich beeindruckt. Auf jeden Fall ist Danzig eine Reise wert.

    Liebe Grüße Sabine

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  8. :-) Liebe Fran,
    nach Polen hat es mich bisher noch nicht verschlagen, aber ich habe schon gehört, wie schön es dort sein soll. Vor allem hat es ja einen ganz enormen wirtschaftlichen Sprung gemacht! Ich kann mich auch noch an die Arbeiterwerft und das ganze Drumherum sehr gut erinnern.
    Tolle Eindrücke hast Du da mitgebracht!
    Liebe Grüße
    Claudia :-)

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    1. An die Streiks der Werftarbeiter erinnere ich mich auch noch. Heute stehen sie im Geschichtsbuch... Irre, oder?

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  9. Ich habe genau die Vorurteile, die Du beschreibst: dass es in Polen einige Menschen gibt, die ziemlich nach "rechts" gerückt sind. Das hat sich leider bestätigt, denn wir hatten polnische Familien in der Arbeit begleitet, ähm, naja. Z.B. eine junge Frau, selbst mit einem Kosovaren verheiratet - aber alle "Ausländer" waren ihr ein Dorn im Auge (wobei ich mich immer frage, wer wann "Ausländer" ist, ganz schön kompliziert manchmal... :-DDD).
    Ansonsten steht die polnische Ostseeküste schon lange auf meiner Liste, die Landschaft muss unglaublich schön sein - und alle anderen Ostblock-Vorurteile (aus den Komments) sind ja Schnee von gestern, also echt...
    Durch Deinen Bericht und die tollen Fotos hab ich richtig Lust bekommen, da hinzureisen (zum Glück hab ich keine dunkle Hautfarbe oder so...). Mit Deinem Kleid fällst Du außerdem bei den schicken Polinnen bestimmt nicht auf - siehst toll und schick aus!
    Liebe Grüße Maren

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    1. Oh ja, der Rechtsruck ist definitiv da und er ist zu spüren.

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  10. Hi, manche Sichtweise erinnert mich an eine Fahrt mit unseren kleinen Enkeln. Als wir die Umgehungen an Pariser Wohnghettos, sanierungsbedürftigen Ecken, Brücken vorbeifuhren, sagte der 5jährige "Paris ist sooo hässlich!" �� Ich war auch in Bremerhaven, soll ich deshalb behaupten, mich zieht es nicht nach Deutschland?

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    1. LOL, ich war noch nie in Bremerhaven - hab ich was verpasst? Hässlich kann jede Stadt. Selbst Hamburg ist an manchen Stellen einfach nur hässlich.

      Wer seine Vorurteile dringend pflegen will, der wird es weiterhin tun. Ich hoffe, die nächsten Generationen tun sich da etwas leichter....

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