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Es kommt immer auf die Perspektive an




Ok, dass das Thema Wechseljahre seit einiger Zeit wieder und wieder und wieder aus der Tabuzone geholt wird, wissen wir alle. Genauso ist uns klar, dass zumindest diejenigen von uns,  die ohne Hormonersatztherapie durch die Wechseljahre gehen, mit bröselnden Knochen - weil Osteoporose - und schwindenden knognitiven Fähigkeiten - Demenz lässt grüßen - enden werden. Das habe ich jetzt so oft gelesen, dass ich kurz davor bin, es zu glauben ;-) Dann allerdings fand ich diese Studie aus Dänemark.


Es geht also die eine oder andere Behauptung um in Sachen Wechseljahre, die man nicht ganz wörtlich nehmen sollte. Und das gilt auch für etwas, was ich kürzlich in einem Podcast hört: Nämlich, dass Frauen nach den Wechseljahren sich minderwertig fühlen, weil nicht mehr reproduktionsfähig - also ihrer Aufgabe als Frauen beraubt. Und damit eben „vertrocknete alte Schachteln“. Und das ist ein Originalzitat.


Da blieb mir dann doch alles im Halse stecken. Zum einen finde ich es schon mächtig schräg, wenn Frauen sowas über Frauen sagen. Selbst wenn sie gern irgendwelche Hormonpillen verkaufen möchten.


Zum anderen frage ich mich, welche Sicht Frauen, die sich tatsächlich mit den Wechseljahren ihrer Aufgabe als Frau beraubt fühlen, auf sich selbst haben. Dass Frauen vor allem der Reproduktion und daneben ganz eventuell noch dem Schmucke des Mannes dienen, ist immerhin eine Ansicht, von der ich geglaubt hatte, dass sie seit 100 Jahren ausgestorben ist.


Aber vielleicht ist das alles Ansichtssache. Frauen, die - warum auch immer - davon überzeugt sind, dass sie wertlos sind, nur weil sie ein Alter erreicht haben, in dem sie keine Kinder mehr bekommen können oder gar unattraktiv werden, weil sie eventuell drei Kilo zunehmen und - oh Gott - Falten bekommen, fühlen sich in beziehungsweise nach den Wechseljahren vielleicht tatsächlich wertlos.


Nicht mehr reproduktinsfähig? Faltig? Zack, aussortiert. Ich meine, vertrocknetes Gemüse kommt ja auch in die Biotonne. Und ja, wenn man sowas schon als Kind oder Jugendliche lernt, dann hat man vermutlich tatsächlich Angst vor Wechseljahren


Es kommt eben doch immer auf die Perspektive an. Meine Eltern haben garantiert jede Menge falsch gemacht - aber mir ein antiquiertes Frauenbild mitzugeben, das haben sie nicht getan. Ich habe glücklicherweise nie gelernt, dass mein Wert als Frau von meinem Alter, meiner Reproduktionsfähigkeit oder von meiner jugendlichen Frische abhängt. Da gab es jede Menge Dinge, die weit mehr zählten. Und dafür bin ich nicht nur meinen Eltern, sondern auch meinem restlichen Umfeld - das auf so verquere Ideen glücklicherweise nicht kommt - durchaus sehr dankbar.


Ich habe kürzlich irgendwo gelesen, dass die Wechseljahre - parallel übrigens die Midlife-Crisis beim Mann - auf das letzte Lebensdrittel vorbereitet. Ok, wir können uns jetzt streiten, ob es tatsächlich das letzte Drittel ist - oh Schreck, ich wollte noch so etwa 40 Jahre leben… Aber vermutlich ist das nichtmal wirklich falsch. Wir haben unsere Jugend hinter uns. Und die Zeit, in der wir den Nachwuchs groß ziehen durften. 


Jetzt ist es an der Zeit, vielleicht tatsächlich mal einen Gang rauszunehmen und zu chillen :-) Wer Ausbildung oder Studium, Familiengründung, Berufstätigkeit und Kindererziehung parallel hinter sich hat, der darf einfach mal ein bisschen langsamer machen. Und ich weiß nicht, wie es euch geht - aber ganz so viel Energie wie mit 30 habe ich schlichtweg mit Ende 50 nicht mehr. Und die, die ich habe, setze ich inzwischen auch ein wenig weiser ein: Nämlich nicht mehr für Kind, Kegel und den Job. Sondern gerne auch mal in erster Linie für mich selbst.


Ich lerne momentan sehr viel und das macht mir unglaublich viel Spaß. Ich lese stundenlang. Ich nehme mir Zeit für Sport und dafür, viel in der Natur unterwegs zu sein oder mich mit Freunden zu treffen. Ich genieße mein Leben. Und das macht mich weit gücklicher als die Visitenkarte, auf der Chefredakteurin stand.


Ich arbeite heute - nach dem Burnout - wieder gerne. Ich habe Spaß an meinem Job. Aber es gibt noch jede Menge Dinge neben diesem Job, die mich glücklich machen. Und dazu gehört auch, einfach älter zu werden. Und dass ich nicht mehr reproduktionsfähig bin oder Falten habe - who cares? Ich definitiv nicht.


Liebe Grüße

Fran


Kommentare

  1. Ich unterschreibe jedes Wort. Was für ein tolles Gefühl die Reproduktionszeit hinter sich zu haben. 🎉🎉🎉 Nein nein alles ist gut so wie es ist. Aber das lässt sich ja nicht so gut vermarkten. Oder gibt es schon das Wechseljahre-Partyset? 🤭Klar habe ich mal Hitzewellen, aber so what?
    Liebe Grüße Tina

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    1. Mit dem Wechseljahre-Partyset kannst du ganz sicher reich werden. Du müsstest allerdings beachten, dass du ein Kilo NEM dazu packst ;-)
      Hitzewellen - dank SmartHome hätte ich mich die ersten Wochen im Januar drüber gefreut... aber mir blieb nur Frösteln.

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  2. "Nämlich, dass Frauen nach den Wechseljahren sich minderwertig fühlen, weil nicht mehr reproduktionsfähig - also ihrer Aufgabe als Frauen beraubt. Und damit eben „vertrocknete alte Schachteln“
    Mir fehlen die Worte ... also die, die jugendfrei wären um zu beschreiben was in mir hochkommt wenn jemand derartigen Unsinn über Frauen in den Wechseljahren verzapft. Auch ohne Hormone einzunehmen fühl ich mich toll. Du auch, wie man an dem Foto von dir sieht. Du lachst so goldig <3
    Lieben Gruß

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    1. Ich denke, eine solche Einstellung entsteht tatsächlich, wenn du schon als Kind lernst, dass du als Frau für einen Mann attraktiv zu sein hast und für Nachwuchs sorgen musst. Und ich schätze, das ist gar nicht mal so selten in unserer Generation noch der Fall. Kenne ich auf jeden Fall aus streng konservativem, katholischen Umfeld selbst noch. Und wenn dir das 20 Jahre lang eingetrichtert wird, dann glaubst du es halt.

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    2. Ja, so zu denken ist anerzogen. Familie und unter Umständen auch Medien.

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  3. Da bleibt einem wirklich alles im Hals stecken. Am besten auch meine Worte, die ich dafür habe. Natürlich fühle ich mich manchmal blöd, aber das geht millionen anderen Frauen auch so, egal in welchem Alter.

    Wir sollten einmal einen "Wechseljahres-Event" veranstalten und dafür Tinas Partyset verwenden. Kommt bestimmt gut 🤭

    Liebe Grüße
    Sabine

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  4. Hui, da nimmt der Kaffee beinahe wieder die umgekehrte Richtung. Ich dachte, wir hätten die Zeiten, in denen Frauen auf ihre Reproduktionsfähigkeit reduziert werden, hinter uns. Ab einem bestimmten Alter wird ja auch gerne jedes Wehwehchen als Wechseljahrsbeschwerden diagnostiziert. Damit lässt sich einfach besser Geld verdienen.
    Ich hoffe, du hast ein ganz schlechtes Gewissen, dass du hier so schamlos aufklärst. Die arme Wirtschaft 😉

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    1. Dachte ich eigentlich auch. Aber scheinbar ist das noch immer aktuell. Eigentlich aber auch kein Wunder, wenn man mal genau hinguckt, wie unsere Mütter in den 60ern noch gedacht haben. Und ihre Einstellung haben die halt weitergegeben. Das kenne ich durchaus auch aus meiner weitverzweigten Familie: "Das Kind muss doch kein Abitur machen, das heiratet doch sowieso." Galt natürlich nur, wenn das Kind ein Mädchen war. Jungs durften heiraten UND Abitur machen...
      Ich bin sehr, sehr froh, dass ich anders groß geworden bin. Aber viele sind das halt nicht. Und dann ist es eben auch kein Wunder, wenn sie mit dem Wegfall der Reproduktionsfähigkeit hadern.

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  5. Allein das Wort Reproduktionszeit finde ich so gruselig. Ich halte mich für absolut unnormal, weil ich diese 2. Pubertät nehme als das, was sie ist., eine Phase. Und dass etwas aufhört, was ich nicht mehr Ja, es gibt Menschen, die sicher schlimm damit zu tun haben und das tut mir sehr leid.
    Aber du sprichst mir aus der Seele. Vielleicht sollte ich auch mal darüber schreiben? Ich möchte in keine Biotonne. Ich möchte mein schönstes Leben leben, so wie in allen (Reproduktionsphasen) davor. So.
    Danke, liebe Fran
    Liebe Grüße
    Nicole

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    1. Aber ja, schreib mal drüber! Ich denke, die Welt braucht durchaus auch ein paar positive Beispiele, wenn ich mir die Symptom-Listen für Wechseljahre so ansehe. Eigentlich ein Wunder, dass wir das ganz ohne Hormone und Co überlebt haben ;-)
      In die Biotonne will ich auch nicht. Gottseidank ist unsere Biotonne gerade mit einem neuen Aufsatz versehen worden. Ich pass da definitiv nicht durch. Außerdem riecht sie im Sommer echt unangenehm. Nix für mich.

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  6. Wieder ein toller Post! Es lohnt sich zu diesem Thema ein Blick in andere Länder. Allein schon hier hinter der Grenze, ich wohne nahe an den Niederlanden, scheinen ältere Leute mit sehr viel mehr Respekt behandelt zu werden. Die Cafes sind nachmittags voll, und man sieht auch unter der Woche viele Menschen jenseits der 55, 60 dort sitzen und genießen. In afrikanischen oder orientalischen Ländern hätten wir als ältere Frau eine ganz andere Stellung, nicht als Ausschuss der Gesellschaft sondern als wertvolles Mitglied, dass es zu "pflegen" gilt. Also fahre ich immer mal nach Holland, um mein Selbstbewusstsein aufzupolieren :))
    Liebe Grüße
    Gabi

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    1. Danke :-) Ich nehme durchaus wahr, dass alte Menschen auch hier sehr geschätzt und auch respektiert werden, zumindest in meinem Umfeld. Das ist allerdings auch geprägt von Menschen, die mit dem Älterwerden wenig Probleme haben - allerhöchstens mit der Endlichkeit des Seins. Aber wer selbst mit dem Älterwerden hadert, der empfindet alte Menschen vielleicht auch folgerichtig als Ausschuss? Wie soll man etwas respektieren und schätzen, was man für sich selbst als Alptraum sieht?
      Die Niederländer sind ein unglaublich sympathisches Volk. Ich bin nah an der Grenze aufgewachsen und war immer gerne da. Jetzt aber viel zu lange nicht mehr!

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  7. Ich muss leider zugeben, dass ich ein Problem mit der Endlichkeit des Seins habe, nicht nur bei mir selbst, ich will einfach nicht, dass Menschen in meinem Umfeld sterben. Selbst Promis nicht. Robin Williams z.B. hab ich's bis heute nicht verziehen. Aber ich HOFFE wirklich nicht, dass ich ältere Menschen als Ausschuss empfinde, also, zumindest nicht bewusst :-D Aber ehrlich, das Älterwerden ist nicht meine Lieblingsbeschäftigung...
    Das ganze Wechseljahres-Thema wird in den Medien echt ätzend und verlogen aufbereitet, aber dasselbe könnte man auch von anderen Dingen sagen. Da würde ich mir einfach mehr Ehrlichkeit und auch Humor wünschen - so ein Partyset von Tina wär da schonmal ein klasse Anfang! :-))))
    Liebe Grüße, Maren

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    1. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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    2. Eine kleine Ergänzung zur oben erwähnten Studie: "Eingeschränkt würde die Aussagekraft ihrer Ergebnisse dadurch, dass die meisten Frauen in der Studie eine orale kombinierte Hormonbehandlung erhielten. Man habe jedoch nicht zwischen den Arten von Gestagenen unterscheiden können, da keine Informationen über Progesteron im Gegensatz zu synthetischen Gestagenen vorgelegen hätten, so die Studienautoren. Auch konnten die Wissenschaftler nicht hinsichtlich vaskulärer Demenzen differenzieren."

      https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/08/24/erhoeht-eine-hormontherapie-in-der-menopause-das-demenzrisiko

      Nichts genaues weiß man nicht. ;)

      Darüber hinaus haben die Studienteilnehmerinnen das Östrogen wohl auch in Tablettenform bekommen und nicht transdermal, auch das macht einen Unterschied.

      Nichts für ungut, aber es ist einfach schade, wenn da noch mehr Verwirrung geschaffen wird - sei es, dass eine Frau sich nun für oder gegen eine HET entscheidet.

      LG A.

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