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Alte und neue Wohntrends und ein Rock am Strand



Meine Großeltern väterlicherseits hatten zwei Wohnzimmer. Eines dieser Wohnzimmer war das „normale“ Wohnzimmer, in dem die Familie am Sonntag saß. Und dann gab es noch ein zweites Wohnzimmer. Das war „für gut“. Es war kleiner als das herkömmliche Wohnzimmer, aber auch ein wenig feiner. Das Sofa sah aus wie neu, die sonstige Einrichtung wurde regelmäßig auf Hochglanz gebracht. Genutzt wurde dieses zweite Wohnzimmer aber nur für wirklich wichtige Gäste. Wenn der Pastor zu Besuch war etwa.  Kinder hatten natürlich keinen Zutritt.


Und dann war da die Familie der Kindergartenfreundin von Kind, groß. Die sehr konservative Familie hatte ein sehr schmuckes Haus in dem Dorf, in dem wir lebten. Mit einem nicht weniger schmucken Eingangsbereich. Den bekamen allerdings nur besondere Gäste zu sehen. „Normale“ Gäste, etwa Mütter, die Spielbesuch abluden und vor allem Kinder hatten den Nebeneingang zu nutzen. Der führt in einen Raum mit pflegeleichtem Fliesenboden, in dem Platz für Jacken und Schuhe war, ein Waschbecken für schmutzige Kinderhände und eine Waschmaschine für ganz harte Fälle. Alles, was Dreck machen konnte, hatte in diesem Raum zu bleiben.


Beides, das Wohnzimmer und der Eingangsbereich für „hohen“ Besuch entstand in einer Zeit, in der Smartphones und soziale Medien noch weit, weit entfernt waren. Aber irgendwie habe ich mich daran erinnert, nachdem ich kürzlich furchtbar viele Videos zum Thema Hausbau quasi aufgedrängt bekam. Warum mein Handy glaubt, dass mich das Thema interessiert, weiß ich übrigens nicht. Ich fühle mich hier pudelwohl und gedenke weder ein Haus zu bauen noch umzuziehen.


Ich fand diese Videos lustig bis abstrus. Mir war nämlich bisher nicht bekannt, dass man heutzutage eine zweite Küche benötigt, die versteckt hinter der ersten Küche liegt. In dieser zweiten Küche wird dann alles erledigt, was in einer Küche Dreck oder Gerüche zu machen pflegt. Gemüse schnippeln etwa oder irgendwas braten. Die Zweitküche hat den Vorteil, dass Küche Nummer 1 ohne viel Aufwand instagrammable und für Besuch vorzeigbar bleibt. Erinnerte mich an das „gute“ Wohnzimmer meiner Großeltern väterlicherseits. Ob Kinder wohl in der Vorzeige-Küche erlaubt sind?


Der Hauswirtschaftsraum ist übrigens auch keine so altmodische Dorf-Errungenschaft wie man denken könnte. Dieses Konzept wurde mir in diversen Videos als total innovative Errungenschaft angepriesen, mit der man erreicht, dass der Eingangsbereich vorzeigbar und jederzeit auf Instagram präsentabel bleibt. Keine herumliegenden Kinderjacken oder -schuhe und erst recht keine in die Ecke geworfenen Schultaschen. Heute nennt man den Extra-Eingangsraum für matschige Kinder allerdings „Schmutzschleuse“.


Irgendwie ändern sich die Zeiten also nicht wirklich und mil dem wohnen ist es wohl wie mit der Mode: Alles kommt wieder. Was früher mal „die Leute“ waren, die man mit dem „guten“ Wohnzimmer oder dem blitzblanken Eingangsbereich beeindrucken wollte, ist heute eben der Rest der Welt auf Instagram.


Damals wusste man aber immerhin noch, bei wem man Eindruck schinden wollte. Bei meinen Großeltern war es definitiv der Pastor. Heute hat man keine Ahnung, wer einem in die Küche mit den fancy schwarz-matten Fronten linst. Ist das nicht wunderbar absurd?


Wie gut, dass ich keine kleinen Kinder habe, die den Eingangsbereich meiner Wohnung verwüsten. So spare ich mir die Schmutzschleuse. Für das Zweitwohnzimmer habe ich leider keinen Platz und für eine Zweitküche müsste ich das Gästebad opfern. Weil ich aber ohnehin keine matt-schwarzen Küchenfronten habe, wäre das vergebene Liebesmüh.


Nö, ich beeindrucke euch lieber auch weiterhin mit meinen sorgsam kuratierten Outfits ;-) Naja, oder zeige euch, was ich gerade so trage. Heute zum Beispiel gibt es blau-schwarz und im Hintergrund wieder mal Ostsee. So langsam frage ich mich, ob es nicht lohnend sein könnte, gleich dorthin zu ziehen und zur Arbeit nach Hamburg zu pendeln. Naja, vermutlich ist es das nicht.









Aber zum Outfit: Dunkelblau in Kombination mit schwarz hätte ich vor zehn Jahren vermutlich nicht getragen. Irgendwie schwirrt mir noch sowas im Kopfe, dass das „nicht geht“. Aber es gab ja auch Zeiten, in denen grün und blau nicht ging… Schwarz und dunkelblau ist dagegen absolut unproblematisch :-) Den Rock habt ihr hier vermutlich schon ein Dutzend mal gesehen und ich mag ihn immer noch. Die Jeansjacke auch. Und da liegt es doch nahe, beides zu kombinieren? Am Strand gehören fast zwangsläufig die Stiefel dazu, denn die verhindern sehr zuverlässig, dass man kiloweise Sand nach Hause schleppt. Sehr praktisch, finde ich. Und dann noch das unvermeidliche weiße Hemd. Weiße Hemden sind bei mir eigentlich immer dabei. Keine Ahnung, woher das kommt, aber ohne Hemd hätte sich das Outfit nicht komplett angefühlt. Jeder andere Mensch würde wahrscheinlich ein T-Shirt unter der Jeansjacke tragen, schon allein der Bügelei wegen. Bei mir ist es immer ein weißes Hemd. Und das liegt beileibe nicht daran, dass ich so gern bügle… Sollte jemand eine  schlüssige Erklärung für dieses Phänomen haben, lasst sie mich wissen!


Ach ja, und sagt mal, was ihr von alten, neuen Wohntrends haltet. Habt ihr eine Schmutzschleuse?


Liebe Grüße

Fran

Kommentare

  1. Sachen gibt´s 😮
    So ein Mist, dass wir beim Hausbau keine Zweitküche eingeplant haben 😉. Also mir wäre der Platz für solche Räume zu schade. Und da sich Staub ja mit Sicherheit nicht brav auf die Schutzschleuse beschränkt, muss man so ja nur noch mehr Räume sauber halten. Da habe ich lieber nur so viel Raum, dass ich den auch mit Leben füllen kann.
    Meine Mutter hat als Schmutzschleuse übrigens den Wasserschlauch im Garten genutzt. Hat mir nicht geschadet und war vermutlich auch effektiver. So wie ich manchmal heim kam, hätte so ein Zwischenraum danach nämlich eine Grundsanierung gebraucht.

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    1. Du hast soooo recht. Der Raum wäre mir ebenfalls zu schade. So eine Schmutzschleuse ist ja tatsächlich noch sinnvoll - zumindest wäre sie es gewesen, als wir noch auf dem Dorfe gelebt haben. Der Lehm, den die Kinder mitbrachten, war überall, wenn man nicht höllisch aufpasste. Andererseits finde ich die Idee, einen "schönen" Eingangsbereich zu haben, den die Kinder dann aber nicht nutzen dürfen, weil sie nun mal Dreck reintragen, total schräg, ebenso wie die Zweitküche. Ich brauche weder Eingang noch Küche zum Vorzeigen. Hier wird gelebt. Und das darf man auch sehen. Wer ein Museum erwartet, soll eines besuchen. Der ist bei mir falsch.

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  2. Liebe Fran,
    ich wohne auf dem Land, also richtig auf dem Land und da gibt es solche "Schleusen" seit Urzeiten, einfach weil sie praktisch sind. Bei uns auch. Das sieht allerdings nicht so hipp aus wie bei Influenzers auf Insta. Bei uns steht dort u.a. die Gummistiefelparade (schlammig), es rennen unsere Labradordamen und die Nachbarskinder (auch schlammig) vom Hof aus rein usw. Herzliche Grüße Elisabeth M.

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    1. Sie sind ohne Frage praktisch. Ich weiß, wie viel Dreck meine Kids ins Haus geschleppt haben, als wir noch gleich am Elbdeich gewohnt haben.... Nur der Gedanke, einen Eingang für Besuch mit sauberen Schuhen zu haben und einen anderen für den eigenen Nachwuchs, dem immer Lehm unter den Schuhen klebt, den finde ich trotzdem total schräg.
      Irgendwie habe ich Kinder, Deich, Labrador und meine eigenen Reitstiefel ohne Schmutzschleuse überlebt. Allerdings habe ich den Eingangsbereich sehr, sehr oft geputzt.

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  3. Diese Schmutzschleusen kenne ich schon seit jeher. Finde ich äußerst praktisch, wenn man den Platz dafür hat. Viele bauen heute ohne Keller, in denen man Waschmaschine etc. unterbringen kann. Dann ist ein Wirtschaftsraum von Vorteil.

    Dein Outfit gefällt mir richtig gut. Die Stiefel sind genial zum Rock.

    Liebe Grüße
    Sabine

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    1. Stimmt, ich hatte Waschmaschine und Trockner im Keller und da konnten auch nasse, schlammig Klamotten und Schuhe abgelegt werden. Wobei das echt gefährlich war: Damit waren Schuhe und Jacken aus dem Sinn und keiner hat dran gedacht, das auch wieder zu säubern ;-)
      Heute habe ich einen Extraraum für Waschmaschine, Trockner und den gesamten Wäsche-Sums. Und das ist gut so. Ich mag den Kram weder in der Küche noch im Bad haben und Keller ist ja hier nicht. Wäre auch ziemlich nass ;-)

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  4. Diese Sache mit der Zweitküche habe ich auch mal kennengelernt. Eine bekannte brät ihren Fisch auf einer Extraplatte draußen. Ich habe, hatte und mache das alles nicht.
    Und schwarz und dunkelblau? Du Parisienne du! Gerade gelesen, dass das Très Parisien ist. Ich mag das. Und Blusen, die gehen immer.
    Also, alles wie bei dir.
    Genieße den Abend und liebe Grüße
    Nicole

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    1. Ernsthaft? Fisch draußen? Wozu gibt es denn Abzüge oder Lüftungen? Oder notfalls eben Fenster. Nö, das wäre mir echt zu kompliziert.
      Ha, ich bin eine verborgene Pariserin? Irre. Ich werde das im nächsten Sommer gleich mal vor Ort testen :-)

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  5. Nein das gibts hier nicht. Wobei das für den Göga nach der Gartenarbeit manchmal gut wäre. Der muss seine Schuhe halt draußen ausziehen und manchmal auch die Hose.😂 Ich denke immer so ein Haus/ Wohnung ist doch zum darin Leben, Lieben, Lachen und so darf es auch aussehen. Klar sauge ich durch und räume etwas auf, wenn ich Besuch erwarte, aber extra Räume für gut fände ich extrem seltsam. Ich sehe manchmal im TV solche Sofa und Lampen Plastikbezüge, da schüttelt es mich immer. Bin übrigens erschrocken, dachte Du ziehst um.😱
    Du siehst super aus. Mit gefällt gerade das Hemd so gut zur Jeansjacke und Rock. Toll dass Du so oft ans Meer fahren kannst. Das ist der große Vorteil von Hamburg.
    Eine schöne Woche, liebe Grüße Tina

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    1. Hihi, das kenne ich aus der Zeit, als ich noch einen riesigen Garten hatte. Damals bin ich durch den Keller rein. Der hatte eine Außentreppe und man gelangte quasi auch in eine Schmutzschleuse. Genutzt wurde der Kellereingang von außen allerdings tatsächlich kaum. Fast ausschließlich von mir.
      Bezüge für Sofas und Lampen - das ist gruselig und gehört in die gleiche Kategorie. Ich will mich doch da wohlfühlen, wo ich lebe. Und ob es für andere Menschen "vorzeigbar" ist - warum sollte mich das kümmern? Die leben da doch nicht.

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  6. Die Redewendung "kommt rein in die gute Stube" kenne ich tatsächlich von meinem Vater her. Große Bauernhäuser haben hier auch "viele" Zimmer. Angefangen mit der Schleuse, da wird das Zeug vom Stall aufgehangen und die Klamotten gewechselt. Eine "richtige" Küche mit Holzofen und EHerd und Eckbank. Eine kleinere Küche mit Vorratsschränken, Kühlschränken, Gefrierschränken und Herd/Ofen plus ausreichend Arbeitsfläche, damit eben auch mal 4-5 Leute gleichzeitig kochen können, was bei denen tatsächlich regelmäßig nötig ist. Dann die Speisekammer natürlich. Und das Wohnzimmer mit Kachelofen und groooooßer Eckbank. Gegenüber "de guade Stuum", auch mit Eckbank und Kachelofen. Beide werden tatsächlich vom Gang aus eingeschürt.
    Aber Instagram macht da vermutlich kaum jemand. :-)
    Einen Waschkeller mit der "alten Küche" und Holzofen haben wir tatsächlich auch. War früher sehr praktisch, wenn ich im Keller mit 50-100 Leuten gefeiert habe. Die Leute kamen über die Kellertreppe rein. WC gibts auch im Keller meiner Eltern.
    BG Sunny

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    1. In einem Bauernhaus, also quasi mit Landwirtschaft, kann ich die Schmutzschleuse sehr, sehr gut verstehen und kenne das aus meiner Familie auch so. Da geht es wohl nicht ohne. Die Küche im Bauernhaus dagegen - da gab es genau eine. Die war riesig, es gab einen riesigen Herd und einen großen Tisch für 15 Personen und da saßen immer alle. Ich hab das sehr geliebt, dort als Kind zu sein.

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