Buch-Rezensionen sind eigentlich nicht mein Fach. Ich habe die regelmäßig einmal im Jahr zum „Tag des Buches“ mal geschrieben, aber auch wenn ich (inzwischen wieder) sehr viel lese, rezensiere ich eher ungern. Jeder Autor wird sich mit seinem Buch irgendetwas gedacht haben und ich möchte gar nicht darüber urteilen, ob es ihm gelungen ist, diese Gedanken weiterzugeben oder nicht.
Aber als Nicole mir das Buch geschenkt hat, habe ich mich riesig gefreut. Nachdem ich jetzt auf ein Jahr Therapieerfahrung zurückblicken kann, dachte ich mir: Warum eigentlich nicht? Tja, und nun dürft ihr meine Rezension lesen und sie natürlich auch gern mit dem vergleichen, was Nicole aus ihrer Sicht als nicht ganz so verkorkster Mensch wie ich ;-) geschrieben hat.
„Therapie to go“ - klingt gut, oder? Es dürfte hinlänglich bekannt sein, dass von der Krankenkasse bezahlte Therapieplätze absolute Mangelware sind. Also therapieren wir jetzt im Do-it-yourself-Verfahren per Buch? Nein, so ist „Therapie to go“ nicht gemeint und das kann ein Buch auch nicht leisten - egal, was man euch verspricht.
Der Autor Sacha Bachim, Psychotherapeut aus Luxemburg, verspricht das übrigens nicht. Er will lediglich Techniken und Denkanstöße aus der kognitiven Verhaltenstherapie für seine Leser nutzbar machen und ihnen zu einem erfüllteren Leben zu verhelfen. Und ja, das kann das Buch.
Mehr kann es aber aus meiner Sicht auch nicht. Es ist ein tolles Buch für alle, die keine wirklich gravierenden psychischen Probleme haben. Die Lust haben, über ihr Leben nachzudenken und hier und da vielleicht ein bisschen nachzujustieren.
Wer sich allerdings von diesem Buch Hilfe in schwierigen psychischen Situationen oder gar bei einer psychischen Erkrankung erhofft, der sollte - das sagt übrigens auch der Autor in seinem Nachwort - professionelle Hilfe suchen. Das Buch kann er dann immer noch lesen und sich, professionell begleitet, einige Techniken aneignen.
Allein durch das Lesen wird sich kein gravierendes Problem in Luft auflösen. Und das ist eigentlich auch mein Hauptkritikpunkt. Es werden wirklich sehr viele Techniken aus der Verhaltenstherapie vorgestellt, die in therapeutischen Praxen angewendet werden. Das Umsetzen der Techniken allerdings ist - vor allem bei Menschen, die psychische Probleme haben - schwierig. Zu schwierig in vielen Fällen, um das allein zu schaffen.
Beispiel gefällig? Tipp 32 lautet: Muss-Gedanken in Frage stellen. Der Autor rät, immer dann, wenn man ein „muss“ ausspricht oder auch nur daran denkt, den Satz so umzuformulieren, dass das „muss“ entfällt. Man muss nämlich nicht müssen.
Im Prinzip ist das eine prima Sache. Ich beispielsweise stand unglaublich lange unter dem Zwang des „muss“. Nur: ändern konnte ich das erst nach acht Wochen Tagesklinik. Und selbst danach war es schwierig. Den endgültigen Durchbruch brachte bei mir eine tiefenpsychologische Therapie. Dort erarbeitete ich nämlich, woher diese „muss“ überhaupt kommt. Und als ich das wusste, fiel es mir vergleichsweise leicht, 90 Prozent des „müssen“ aus meinem Leben zu verbannen. Vor einem Jahr hätte ich das schlichtweg nicht geschafft.
Und so geht es mir mit nicht wenigen der Tools, die der Autor vorstellt. Und vermutlich nicht nur mir. Denn sooooo einfach ist das halt nicht. Um weniger zu naschen etwa empfiehlt Bachim, einfach nichts zu naschen zuhause haben - äh ja. Das weiß vermutlich jeder, der sich das Naschen gern verbieten würde. Und hält sich halt doch nicht dran…
Wie auch immer: Um die vorgestellten Tools umzusetzen, ist jede Menge Training angesagt. Denn bis sich eine Verhaltensänderung einstellt, dauert es halt. Wer sich zutraut, das zu schaffen, der findet in „Therapie to go“ einen tollen Ratgeber.
Dem Autor gelingt es, auch komplizierte Sachverhalte mit vielen Beispielen verständlich zu erklären. Ein Psychologiestdium braucht man als Leser nicht. Dabei ufert er nicht aus, sondern konzentriert sich auf das, was wichtig ist. Das Ganze ist mit einer Menge Humor verpackt und liest sich großartig.
Allen, die keine gravierenden psychischen Probleme haben, sondern lediglich ihr Leben ein bisschen optimieren möchten, finden hier tolle Anregungen. Und wer in irgendeiner Weise mit Menschen mit psychischen Problemen zu tun hat, für den dürfte das Buch jede Menge hilfreiche Informationen bieten, zumal das großzügige Literaturverzeichnis jede Menge Gelegenheit zur Weiterbildung gibt.
Normalerweise geht man eine Treppe hinauf, ohne darüber nachzudenken, was man tut. Allenfalls gerät man außer Atem und verflucht die Treppe. Diesmal machen wir das anders.
Geht ganz langsam nach oben und spürt mal, wie ihr eure Füße wo aufsetzt und wie ihr sie wieder absetzt. Und sobald ihr oben seid, geht einfach ein paar Stufen abwärts und registriert, was eure Füße diesmal tun.
Geht ihr die Treppe einfach so hinauf oder herunter oder haltet ihr euch am Handlauf fest? Falls ihr euch festhaltet, tut ihr das mit festem Griff oder nur leicht? Klingt ein bisschen irre, ist aber ziemlich unterhaltsam, finde ich. Und dann denkt mal darüber daran, wie ihr als Kinder gelernt habt, die Treppe hinauf- und hinunter zu gehen und wie mühsam das war.
Liebe Grüße
Fran
Ein Buch kann bestimmt keine Therapie ersetzen. Es wird maximal eine Ergänzung sein. Insofern sind die Tipps bestimmt gut.
AntwortenLöschenAn Treppen halte ich mich gern fest. Bei großen Treppen am Geländer. Bei unserer steilen Treppe, die zum Spitzboden führt, auch gern an den Stufen, wenn ich "hinaufkrabbel". Das geht sogar ziemlich fix. Ich frage mich jetzt, was das wohl zu bedeuten hat :D
Liebe Grüße
Sabine
Danke für deine netten Worte ;).
AntwortenLöschenIch habe das Buch genauso verstanden und gesehen. Da macht es bei einigen Dingen manchmal einfach Klick.
Aber wir beide sind ja ohnehin einer Meinung. Für den Impulsgebrauch fand ich es gut.
Schön, dass du es rezensiert hast.
Das mit der Treppe passt, bin ich heute doch mal wieder 1a hochgestolpert.
Liebe Grüße
Nicole