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Samtweste und halbseidene Journaille

Samtweste: Marc Darcy, Hose & Tasche: Zara, Hemd: S'Oliver, Schuhe: H&M Spring Collection

Ja, ich weiß. Zerlöcherte Jeans sind out. „Man“ trägt sie nicht mehr. Last season sozusagen. Zugegebenermaßen hatte ich diese Jeans in den letzten Monaten ein paarmal in der Hand und erwog, die im Container auszusetzen. Ich habe es nicht übers Herz gebracht. Ich mag sie einfach. Auch wenn sie volle Kanne out ist.

In dagegen scheint dagegen im Moment, den Journalisten rauszukehren. Diese vermeintlich coole Berufsbezeichnung springt mir auf Instagram und auf Blogs zur Zeit quasi inflationär entgegen. Merkwürdig. Früher wollte kein Mensch Journalist sein. Die galten nämlich als aufdringlich, alkoholkrank und ein bisschen halbseiden. Das hat sich gründlich gewandelt. „Irgendwas mit Medien“ ist bei den Kids noch immer hoch im Kurs, wenn sie nach ihren Berufswünschen gefragt werden. Wobei das vermutlich eher in Richtung „total fame als Influencer“ geht und weniger in Richtung Journalismus.

Naja, und dazu kommt, dass natürlich jeder, der irgendwann irgendwo etwas veröffentlicht hat - und wenn es sich dabei um ein Kartoffelgulasch-Rezept auf einer Hausfrauenseite handelt - sich mit Fug und Recht als Journalist bezeichnen darf. Es handelt sich dabei nicht um eine geschützte Berufsbezeichnung. Journalist kann jeder sein, ungeachtet der Ausbildung oder des Könnens. Das hängt mit der Meinungs- und Pressefreiheit zusammen, die unser Grundgesetz garantiert und das ist auch gut so. Auch wenn die Tatsache, dass sich in diesem Land jeder Journalist nennen kann, manchmal komische Blüten treibt. Da hat es der gemeine Friseur echt besser ;-). Der braucht immerhin ein Ausbildungszeugnis.

Das gibt es im Bereich Journalismus übrigens auch. Ein Redakteur - und auch das ist keine geschützte Bezeichnung, weist aber im Allgemeinen darauf hin, dass zumindest eine journalistische Ausbildung absolviert wurde - hat entweder ein Volontariat absolviert, eine Journalistenschule besucht oder Journalismus studiert. Für alle, die sich jetzt fragen, welchen Weg ich gewählt habe: Den damals heiß ersehnten Platz an der Journalistenschule habe ich nicht bekommen, stattdessen habe ich ein Studium zum Diplom-Übersetzer und anschießend ein Volontariat absolviert.

Witzig finde ich die Inflation der Journalisten in der Bloggerwelt vor allem deshalb, weil die Print-Journalisten der Frauenzeitschriften so gern gebasht werden. Aber irgendetwas Erstrebenswertes scheint dieser Berufsstand ja doch zu haben, wenn das Wörtchen „Journalist“ so wichtig ist ;-)

Zurück zum Outfit, das im Übrigen ein Element enthält, das ich in Kollegenkreisen vor 20 Jahren sehr oft gesehen habe: die Weste. Allerdings ohne Sakko getragen. Scheint intellektuell zu wirken. Das tut der Journalist nämlich am liebsten. Zumindest der aus der schreibenden Zunft. Dieses Prachtexemplar aus weinrotem Samt habe ich in London entdeckt und konnte es nicht hängen lassen. Die Verkäuferin hätte übrigens gern gegen meinen blau-roten Mantel getauscht. Ich habe Barzahlung bevorzugt ;-) Schweren Herzens habe ich das passende Sakko hängen lassen. DAS wäre der Anzug für den Abiball gewesen! Die Bargeldreserven reichten allerdings nicht ganz aus *jammer* Drückt mir die Daumen, dass ich das Ding online noch finde! Zur Jeans ist wohl alles gesagt. Das riesige Loch sorgt für Luftzirkulation im Sommer. Die Jeans kommt vor Oktober definitiv nicht weg. Und die Schuhe erwiesen sich als absoluter Glücksgriff. Das Leder ist so weich, dass man sie am Fuß kaum spürt, dabei ziemlich unempfindlich.










Ich habe übrigens zwei Paar weiße Schuhe nach London mitgenommen und beide Paare kamen unversehrt zurück. Die werden abends notfalls mit Hilfe eines Feuchttuches wieder auf Vordermann gebracht und fertig. Funktioniert einwandfrei :-) Ein weiteres Lieblingsstück ist übrigens die Taschenuhr, die inzwischen wieder geht und in der Westentasche festgewachsen ist. Das wunderschöne Stück habe ich von Mitbloggerin Patricia bekommen und freue mich täglich daran. Danke, Patricia!

Liebe Grüße

Fran

Kommentare

  1. Guten Morgen Fran :)
    Oh was für eine schöne Weste, ich hab erst gar nicht gesehen das sie weinrot ist. Toll mit der Taschenuhr, die beiden haben sich gesucht und gefunden, Weste und Uhr. Ich bin ja sehr gespannt was Du zum Abiball trägst, Du lässt es uns doch wissen, gell :)
    WAS destroyed ist out? Na dann kann mans gut noch 5 Jahre tragen, manche fangen ja erst damit an :)) Patchworke sie irgendwie zusammen dann passts wieder und ist Top Trend :) Ne die kannste doch nicht wegschmeißen, die ist doch noch gut, grins. Lass das Beate nicht lesen :))
    Schönen Freitag, liebe Grüße Tina

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    1. Die Farbe ist auch nicht wirklich zu erkennen - wir haben mittags Fotos gemacht, weil es nicht anders ging. War wohl nicht so schlau. Und klar lasse ich Euch wissen, was ich zum Abiball trage. Ich habe noch keine Ahnung. Auf jeden Fall nix mintfarben-chiffon-satöng-artiges. Davon läuft da schon genug rum....

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  2. Da schau, ich gucke gerade nach einer löchrigen Jeans und bin damit wohl total out. Macht aber nix, ü40 fällt das nicht weiter auf und hier am See schon gar nicht.
    Was aber auffallen würde, wäre, wenn ich plötzlich Journalistin wäre. Ob ich da wirklich immer grammatisch alles richtig mache? Das ist übrigens etwas, was mir auch im Radio oder im geschriebenen Text immer öfter auffällt. Von gutem Journalismus erwarte ich sehr gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift. Und das ist immer häufiger nicht der Fall. Schade, und wahrscheinlich liegt es genau daran, dass in manchen Berufen jeder mal darf.
    Liebe Grüße
    Andrea

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    1. Ach, wenn man nur souverän genug out ist, ist man damit quasi schon wieder hip ;-) Grammatik entwickelt sich in der Tat so langsam zu einem Problem. Aber macht ja nix, die deutsche Sprache wird ja regelmäßig dem Sprachgebrauch angepasst. Ich habe mich innerlich schon vom Genitiv und vom Dativ verabschiedet. Ich schätze, die sind in zehn Jahren mausetot.

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  3. Wow. Ich liebe diese Weste. Ich liebe roten Samt. Auch wenn ich kein Journalist bin. Ich war in Deutsch nie gut. Maximal dann, wenn es darum ging flammende Argumente für oder gegen etwas zu finden.
    Trotzdem bewundere ich Leute, die für jedes Umfeld die passende Sprache finden. Ich tu mir am leichtesten Dinge zu erklären, bei denen ich mich sattelfest fühle. Über etwas zu schreiben, was ich nicht vollständig durchdrungen habe.... brrrr.... da graust mir davor.
    Ein gutes Team aus Fachkraft und einer Person, die das was die Fachkraft nuschelt, allgemeinverständlich zu Papier bringt ist in meinen Augen die Ideallösung.

    LG Sunny

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    1. Och, man kann auch als IT-ler intellektuell aussehen ;-) Ich habe den Deutschunterricht so etwa ab der 10. Klasse echt geliebt. Nix ist schöner als mit Sprache zu spielen.
      Über Dinge zu schreiben, die man nicht versteht, ist ein Slalom im Blindflug. Nicht lustig.

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  4. Und genau darum nenne ich mich nicht Journalistin, obwohl ich seit fast 10 Jahren schreibe/ online veröffentlicht werde (nee, nicht nur im Blog *g*) und meine Texte von "echten" Journalistinnen für gut befunden und durchgewunken wurden. Wurde im Lauf der Jahre zwar von verschiedenen Seiten mehrmals darauf hingewiesen, "dass sich doch jeder Journalist(in) nennen könne", aber das ist doch absurd. Käme mir anmaßend und aufgeblasen vor.

    Und dass "zerlöcherte" Jeans out sind, ist mir wurscht. Okay, bei meinen ist der Riss nur angedeutet, aber ich liebe sie und werde sie weiterhin tragen. Auf Pinterest sind zerlöcherte Jeans noch "in" und da lasse ich mich inspirieren.

    Lieben Gruß!

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    1. Du würdest spielend als Journalistin durchgehen, Anna. Denn wenn du eines kannst, dann schreiben. Vermutlich auch noch hundert andere Dinge, aber von denen weiß ich nix ;-) Aufgeblasen ist das dann, wenn man die Bezeichnung führt, weil es "cool" ist. Ansonsten finde ich die Tatsache, dass jeder journalistisch tätig sein kann, im Sinne der Pressefreiheit großartig.
      Meine Jeans bleibt auch. In meinem Alter darf man out sein. Und Schlagjeans sehen an mir doof aus. Die sind nämlich IMMER viel zu lang für meine Stummelbeine.

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  5. es darf sich auch jeder designer nennen..... und so sehen dann die möbel, haushaltsgegenstände, schuhe und klamotten auch aus.
    in dem anzug kannst du bei unserem näxten linkup als kaninchen mitmachen - mehr wird nicht verraten :-)
    xxxx

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    1. Jep. Und Fotograf. Halt diejenigen, die im Mittelalter keine Zünfte gegründet haben. Wie auch - die Berufe gab es damals noch nicht. Aber lass uns uns freuen, dass immerhin Ärzte noch ein Staatsexamen brauchen.
      Kaninchen? Für den Job stehe ich sofort zur Verfügung :-)

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  6. Was jetzt, zerlöcherte Jeans sind out? ich bin echt grut dadrin, einen Trend erst kollossal zu verpassen udn ihn dann erst zur Blüte zu treiben, wenn er schon wieder vintage ist. Und so eine Weste habe ich neulich beim Second-Hand erstanden, ein Universal-Stylingtool, dass aus jedem Kartoffelsack ein vorzeigbares Outfit zaubert und immer eine Aura von Ehrwürdigkeit versprüht. Best dressed with vest oder so ähnlich.
    Ich find Dein Outfit knorke!
    Herzlichst grüßt
    Edna Mo

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    1. Bei dir sieht aber sowieso alles cool aus, daher ist es völlig egal, ob in oder out oder sonstwas. Ha, und Ehrwürdigkeit - das ist genau mein Ding :-)

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  7. Na sowas. Jetzt soll destroyed schon wieder out sein? Letztens habe ich mal wieder eine aktuelle Out-Liste durchgelesen: Skinny-Jeans, gedeckte Farben, Etuikleider etc.: alles megaaout. Klar, der Handel wünscht Umsatz, also werfen wir unsere ganzen guten und geliebten Sachen weg *Ironie aus*. Letztendlich werden diese In-/Out-Listen ja nicht von den Konsumenten, sondern von der Wirtschaft vorgegeben. Und dies aus dem Grund, damit der Umsatz kräftig angekurbelt wird *kopfschüttel*. So viel zum Thema Nachhaltigkeit. Deshalb behalte ich meine Skinny-Jeans und meine neutralen Farben weiterhin lieb und im Schrank - damit sie fleißig weiter getragen werden. Bemerkenswert ist übrigens, dass die Skinny-Jeans schon seit Jahren als "out" beschworen werden. Das hat aber offenbar noch keiner bemerkt. Dafür sind seit Jahren die Flared-Jeans topmodern - das hat aber auch noch keiner mitbekommen, ich seh die nämlich so gut wie nie. Ich bin der Meinung, dass letztendlich doch wir entscheiden, was 'man trägt' und nicht der Handel.

    Die Samt-Weste ist so super und wird durch Dein Hemd toll betont. Und dann noch diese schöne Uhr dazu - das ergibt einen wirklich hübschen Retro-Look. (... zusätzlich auch noch diese, wie wir jetzt wissen, "altmodische" Destroyed-Jeans, also quasi noch ein Retro-Teil... *zwinker*).

    Viele Grüße

    Hasi

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    1. Die tipmodernen Flared-Jeans suche ich auch ständig. Aber ich lebe auf dem Lande, da ist man nicht so schnell :-) Ich bin sicher, den Trend kriegt auch im nächsten Jahr niemand mit. Und dann ist er hoffentlich vorbei. Meine Skinnies gebe ich nämlich auch nicht her!

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  8. Liebe Fran,
    ich wußte gar nicht das man keine löchrigen Jeans mehr trägt. Ich bin noch gar nicht fertig mit den Dingern. Ich trage sie beinhart weiter :-)
    Was dein heutiges Blogthema betrifft, ich finde man merkt klar wer es kann und wer nicht. Dafür habe ich auch bei dir immer hohe Erwartungen und wurde noch nie enttäuscht :-) Ich liebe deine Texte!
    Alles Liebe
    Natascha

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    1. Ich schätze, die in- und out-Listen werden gegen die geballte Macht der Ü40er keine Chance haben :-) Und danke für das Kompliment, ich freu mich!

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  9. Schicke Weste. Die sah auf dem ersten Bild braun aus. Das Sakko dazu MUSST Du haben. Kann mir vorstellen, dass es teuer ist.

    Deine journalistische Ader fließt natürlich in Deinen Texten. Ist doch klar. Gelernt ist gelernt :)

    Liebe Grüße Sabine

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    1. Wir üben das mit dem Fotolicht im Sommer noch. Naja, im Winter auch... Eigentlich immer. Also sie ist tatsächlich sattrot und ich liebe sie.

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  10. Ach liebe Fran, dann kannst du mit deiner seriösen Ausbildung doch drüber stehen. Oder dich da reinsteigern....mach ich jedenfalls persönlich sehr gern....Bei wem ist dir das denn aufgefallen? Ich guck mir die Quellen ja immer auch sehr gern an....LG Sabina

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