Direkt zum Hauptbereich

Beige macht unsichtbar - Grün hoffentlich nicht



Ich weiß ja nicht, wie es euch geht. Aber ich stolpere in den Weiten des Internet ständig über Frauen über 50, die wehklagen, dass Frauen über 50 so schrecklich unsichtbar sind und dass das daran liegt, dass man sich in diesem biblischen Alter ja gern mal in beige kleidet. Und jedes Mal rolle ich mit den Augen - das kann ich echt gut - und frage mich, ob es noch klischeebehafteter geht.


Am vergangenen Wochenende war ich wieder mal in Travemünde. Ich mag Travemünde, aber die Wahrheit ist nun mal auch, dass dort in der Hautsaison jede Menge Familien mit kleinen Kindern und vor allem Rentner urlauben. Eine wunderbare Gelegenheit also, um nicht nur ein Franzbrötchen und einen Kaffee am Strand zu genießen, sondern gaaaaanz viel Rentner in Rentnerbeige anzugucken und obige Theorie zu überprüfen.  


Beige war allerdings kaum vertreten. Tausende von Rentner*innen (immerhin war Travemünder Woche), aber die rentnerbeige praktische Popelinejacke aus der Klischeeschublade habe ich kein einziges Mal erspäht. Stattdessen war es mächtig bunt. Und ganz ehrlich: Vor allem Frauen über 60 tragen, zumindest dann, wenn sie in Travemünde urlauben, definitiv kein beige.


Stattdessen präsentieren sie sich sehr, sehr farbenfroh… mir war es ganz ehrlich ein wenig zu viel Farbe, wenn das türkisfarbene Shirt zur rosa Hose und den pinkfarbenen Flip-Flops ausgeführt wurde. Da hätte ich mir zur Beruhigung des Outfits durchaus den einen oder anderen beigefarbenen Klecks gewünscht - den ich übrigens relativ häufig an jungen Frauen entdeckte…


Aber mir scheint, dass die Rentnerinnen inzwischen alle ständig im Internet lesen und daher genau wissen, dass sie in beige gekleidet total unsichtbar und daher auf der Promenade umgerannt werden. Da hilft halt nur eine ordentliche Portion Türkis mit Pink.


Nun ist meine Travemünde-Studie nicht unbedingt belastbar, auch wenn ich sie in der vergangenen Woche an einem stinknormalen Vormittag in einem Supermarkt nochmal verifiziert habe. Auch dort war außer an mir kein Beige zu sehen und ich habe noch mehr als zehn Jahre bis zur Rente! Aber halten wir fest: Die Behauptung, Rentner*innen seien irgendwie alle beige gekleidet, ist definitiv ein Klischee.


Ach ja, und die Unsichtbarkeit. Ok, wenn man unter Unsichtbarkeit versteht, dass Influencer über 50 in der Regel eher nicht von Chanel, Dior und Co ausgestattet werden, dann mag das so stimmen. Da kann man noch so oft löwenhaft brüllen, dass doch genau das die Frauen sind, die sich all die Dinge dieser Designer leisten können - das interessiert in der Marketingabteilung halt einfach niemanden. Dort ist man seit Jahrzehnten auf jung und knackig getrimmt. Was ja nicht weiter verwundert, da auch die meisten Frauen Ü50 ihre Falten verfluchen und sich mit Cremes, Spritzen und viel Training auf jung und knackig trimmen. Warum zur Hölle sollte also irgendein Marketing-Mitarbeiter auf die Idee kommen, dass ältere Damen tolle Werbeikonen sind, wenn genau diese doch ein echte Problem mit ihrem Alter haben?


Und ja, Frauen über 50 haben es ganz sicher in diversen Situationen schwerer als Frauen mit 30. Wenn sie einen neuen Job suchen beispielsweise. Das Schicksal trifft aber auch Männer gleichen Alters. Ansonsten bin ich durchaus davon überzeugt, dass man so unsichtbar ist wie man sich selbst macht. Ich habe in den letzten Jahrzehntenn privat und beruflich jede Menge Frauen kennengelernt, die ungeachtet ihres Alters ganz sicher nie unsichtbar waren. Die auch mit 55 einen Raum betreten und mit ihrer Präsenz gefüllt haben. Und ich habe Frauen kennengelernt, die tatsächlich mit der Tapete verschmolzen - und glaubt mir, es gibt jede Menge sehr bunte Tapeten ;-.)


Grund für das eine wie das andere Extrem war aber eigentlich nie die Farbe, die diese Frauen trugen. Grund dafür war ihre Ausstrahlung. Und die hat man, egal welche Farbe man trägt - in beige genauso wie in pink. Und wer eine Rampensau ist, kann auch in beige ganz hervorragend die erste Geige spielen. Ehrlich, ich schwöre!










In grünen Ringeln geht das natürlich auch :-) Eigentlich bin ich ja nun wirklich nicht so der Ringelfan, aber als ich dieses Kleid vor einigen Wochen an einer Frau sah, war ich hin und weggezerrt. Da ich keine Möglichkeit hatte, sie zu fragen, wo sie das gekauft hatte, habe ich also eine Suchmaschine bemüht und das gute Stück sogar sehr schnell gefunden. Gottlob habe ich es dann nicht gleich online bestellt. Der Größenrechner spuckte mir nämlich aus, dass ich Größe L bestellen sollte. Das erschien mir aufgrund früherer Erfahrungen mit dieser Marke ein wenig zweifelhaft. Also habe ich nachgesehen, ob das Kleid in Hamburg im Store vorrätig war und bin kurzerhand hingefahren. Und siehe da: Aus L wurde S. Ich hätte mich also bei einer Online-Bestellung vermutlich sehr geärgert… Seitdem trage ich den Ringel-Fummel in Dauerschleife und bin mächtig glücklich damit. Kommt meiner Grün-Phase sehr entgegen, ist höllisch bequem, sitzt luftig leicht und macht einfach gute Laune. Und hoffentlich nicht unsichtbar ;-)


Liebe Grüße

Fran


Kommentare

  1. Mit der Ausstrahlung hast du vollkommen Recht! Es gibt Frauen, die tatsächlich in einem Kartoffelsack gut aussehen, vorausgesetzt sie können ihn gut tragen. Dein Streifenkleid gefällt mir sehr gut und Streifen gehören sowieso zum Sommer! Liebe Grüße!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ok, in einem Kartoffelsack würde ich wohl aussehen - wie in einem Kartoffelsack eben ;-) Ist aber nicht schlimm, ich hab ja Streifen.

      Löschen
  2. Unsichtbarkeit ist wirklich eine Frage der Haltung und nicht der Farbe. Die schönen Ringel helfen natürlich der Sichtbarkeit ein wenig auf die Sprünge.

    Ich bin schwer beeindruckt, dass Du so auf dem Dalben stehen kannst. Ich würde da nicht mehr rauf kommen und könnte nur mit Hilfshand da stehen. Und das als ehem. Turnerin ... Bin ein bisschen neidisch.

    Schönen Sonntag wünscht Dir
    Ines

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Der war ziemlich groß, das ging schon. Außerdem war ich an dem Tag mutig. War ja warm ;-)

      Löschen
  3. Aber du meine Beigeikone schwörst der Farbe jetzt bitte nicht ab. Auch wenn du wundervoll sichtbar und gut aussehend in dem Kleid bist. Ich glaube daran, dass Schönheit und auch Präsenz nichts mit schriller Farbe oder lautem Auftreten zu tun haben. Sondern mit Wesen.
    Darum bin ich, wie so oft bei dir. Und weiße Jeansjacke ist sowieso Bombe.
    In diesem Sinne: Alles richtig gemacht.
    Liebe und sehr präsente Grüße
    Nicole

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Nein, ich werde Beige ganz sicher nicht untreu. Muss doch mein Lieblingskleid noch ganz oft tragen und das ist halt beige :-) Und weiße Jeansjacke - die geht immer. Außer, sie dreht gerade ihre Runden in der Waschmaschine. Was sie echt oft macht.

      Löschen
  4. Was für ein cooler Ringel-Fummel. Ich mag das Kleid. Und die Größen stimmen nach Maßtabelle fast nie.

    Unsichtbar sind nur Menschen, die sich verstecken. Es gibt welche, die präsentieren sich auch in einem Kartoffelsack und andere gehen im Designerlook unter. Alles eine Sache der Ausstrahlung.

    Vom Pfahl wäre ich vermutlich ins Wasser gestürzt. Wenn ich dann je da raufgekommen wäre.

    Liebe Grüße
    Sabine

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Raufzukommen war gar nicht schwierig, außerdem war es lustig. Das Kind hat nämlich nicht geglaubt, dass ich das schaffe. Pfft, die Jugend von heute...

      Löschen
  5. British Racing Green! Sehr cool. Die Streifen mag ich auch.
    Ob man unsichtbar ist? Unsichtbar kann man in jedem alter und in jeder Kleidung sein. Am Beige liegt es ganz sicher nicht. Wenn man sich darin gefällt, gut und frisch "fühlt", dann können das alle sehen.
    BG Sunny

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. British racing green? Ha, wieder was gelernt. Habe inzwischen auch einen kurzen Sweater in der Farbe, passt hervorragend zum Kleid.

      Löschen
  6. Ich glaube andere nehmen uns so wahr, wie wir selbst es tun. Durch unsere Körpersprache drücken wir aus, wie wir von uns denken und wie wir uns präsentieren wollen, unabhängig von der Farbe der Kleidung. Wer sich selbst geringschätzt, wird von anderen gleichbehandelt, oder sogar gar nicht wahrgenommen.
    Ich würde dich in deinem gestreiften Kleid (ich liebe Streifen und ich liebe Grün - https://claudialasetzki.com/tolle-frauen-feiern-geburtstag/);) überall bemerken, und nicht nur mit dieser wunderschönen Kulisse um dich herum!
    Liebe Grüße,
    Claudia

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Da hast du vermutlich absolut recht. Körpersprache sagt definitiv mehr aus als die Farbe.

      Löschen
  7. Na ja, die haben die typisch gestreiften Matrosenshirts ja ursprünglich auch erfunden, um die über Bord gefallenen Männer wiederzufinden, auch bei Nebel und Sturm! Klar KANN man darin nie und nimmer unsichtbar sein! :-DDDDD Toller Look btw.
    Aber das Thema Unsichtbarkeit ü 50... ich denke, du liest vielleicht in den falschen Kanälen? Aber mal Butter bei die Fische: klar ist es ein Unterschied, ob ich mit 20 oder mit 50 durch die Fußgängerzone gehe, das geb ich dir schwarz auf weiß. Aber na und? Ehrlich gesagt, ich bin 1,75, hab keine Angst vor Farben, vermutlich verschmelze ich eher nicht mit der Tapete, aber ich wechsele jetzt mal die Perspektive: was ist eigentlich so schlecht daran, manchmal unsichtbar zu sein? in manchen Situationen würd ich es mir sogar wünschen...! :-DDDD
    Liebe Grüße, Maren

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Dieser Blog ist mit Blogspot, einem Googleprodukt, erstellt und wird von Google gehostet. Es gelten die Datenschutzerklärung & Nutzungsbedingungen für Googleprodukte.

Wenn Du die Kommentare zu diesem Beitrag durch Setzen des Häkchens abonnierst, informiert Dich Google jeweils durch eine Mail an die in Deinem Googleprofil hinterlegte Mail-Adresse.
Durch Entfernen des Hakens löscht Du Dein Abbonement und es wird Dir eine entsprechende Vollzugsnachricht angezeigt. Du hast aber auch die Möglichkeit Dich in der Mail, die Dich über einen neuen Kommentar informiert, über einen deutlichen Link wieder abzumelden.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Gelernt im November: Von Hot Dogs, Fußball, Erbseneintopf und schlauen Frauen

Im Bann von Superwoman

Kleiderstange: So langsam wird es Winter