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Sehenswertes in London: Hampton Court Palace

Darf ich vorstellen? Hampton Court Palace. Folgen Sie mir gern, aber bitte nicht drängeln!

Buckingham Palace kennt wohl jeder, der jemals in London war. Viel interessanter als sich mit Tausenden anderen Touristen die Wachablösung - so hübsch sie ist - vor dem Palast anzusehen ist allerdings ein Besuch in Hampton Court Palace liegt südwestlich von London direkt an der Themse am Rand des kleinen Städtchens Molesey. Im Dorf gibt es übrigens eine ganze Reihe von wunderhübschen Antiquitätenläden. Nur für den Fall, dass man vor Öffnung des Schlosses da ist... Und in den Pubs sind selbst mittelalte deutsche Damen gern gesehene Gäste, die vom Wirt sofort ins Herz geschlossen werden. Äh, ja, hab ich mir sagen lassen ;-)

Aber zurück nach Hampton Court. Am einfachsten kommt man hin, indem man von der Waterloo Station den Zug nimmt. Der braucht rund 30 Minuten und die Fahrkarte kostet ungefähr sieben Pfund. Für den Rückweg empfehle ich allerdings für alle, die ein bisschen mehr Zeit mitbringen, eine Bootstour auf der Themse. Das letzte Boot in Richtung Westminster startet am letzte Anleger gleich neben dem Schloss um ungefähr 16 Uhr. Frühes Erscheinen sichert die besten Plätze und sehenswert ist das Ufer der Themse vom Boot aus allemal!



Bevor es wieder zurück nach London geht, sollte man sich aber erstmal viel Zeit für die Besichtigung des Schlosses nehmen. Das ist nämlich riesig. Die Palastanlage hat insgesamt mehr als 1000 Zimmer und Säle und einen wunderschönen Park. Ganz kurz zur Geschichte: Eigentlich gehörte Hampton Court Palace Kardinal Wolsey, der rechten Hand von König Heinrich dem Achten. Der baute Hampton Court zu einem wunderschönen Schloss aus. Und als der gute Heinrich sich irgendwann seiner ersten Ehefrau Katharina von Aragon entledigen wollte, weil sie irgendwie langweilig war und ihm außerdem keine Söhne bescherte. Wolsey bekam es aber nicht auf die Reihe, den Papst davon zu überzeugen, dass die Ehe rechtswidrig und damit ungültig war. Scheidung war nämlich keine Option, weil verboten. Da wurde Heinrich ein wenig sauer. Er entledigte sich seiner Frau, nahm Wolsey den Palast weg, spaltete die englische Kirche kurzerhand von der katholischen Kirche ab und heiratete Anne Boleyn. Dass das nicht allzu lange gut ging, wissen wir alle. Die Ehefrauen kamen und gingen, Hampton Court als Heinrichs Lieblingsresidenz blieb.

Der erste große Schlosshof. Es gibt mehrere davon. Die Anlage ist nämlich riesig!

Nach einem Gelage scheinen diese beiden Gestalten etwas angegriffen zu sein. Ich natürlich nicht.

Und den hier hat es vollends erwischt. Vielleicht hätte er die erste Anlage mit Wasserklosetts in England aufsuchen können. Die ließ Heinrich in seinem Schloss errichten. Mit stolzen 28 Plätzen. Revolutionär!

Heinrich war übrigens nicht nur kein Frauen-, sondern auch kein Kostverächter. Das wird spätestens dann klar, wenn man den riesigen Küchentrakt sieht. Der besteht aus über 50 Räumen, in denen 250 Köche und Küchenjungen die Mahlzeiten für den 600-köpfigen Hofstaat zubereiteten. Damit ist die Küche von Hampton Court die größte noch erhaltene Küche aus der Tudor-Zeit. Erhalten sind übrigens auch die Küchengärten. Und wer möchte, kann im Tudor-Ambiente an großen Holzbänken und riesigen Tafeln speisen. Schwan gibt es allerdings nur zu bestimmten Anlässen, wenn die Koch-Archäologen ein Festmahl wie zu Heinrichs Zeiten auf den Tisch bringen und sich dabei über die Schulter schauen lassen. An allen anderen Tagen kann man den Köchen, die in der Küche werkeln, Löcher in den Bauch fragen. Die sind, wie jeder, der im Palast arbeitet, unglaublich freundlich und immer zu einem Schwätzchen aufgelegt.

Nein, das ist kein stylisher neuer Mantel, sondern einer der Umhänge, die man sich für eine Besichtigung des Schlosses ausleihen kann, damit man selbst etwas stilechter wirkt *grins*.

Von einem Wachmann zum Beispiel haben meine Freundin und ich erfahren, dass wir uns keine Mühe mehr geben müssen, um besondere Verdienste um Land und Krone zu erwerben. Dann nämlich bekam man früher einmal lebenslanges Wohnrecht in Hampton Court Palace. Eine ganze Reihe von Räumen wurden damals zu Privatwohnungen umgebaut. Allerdings verursachte eine alte Lady, die dort lebte, im Jahr 1986 einen Brand im Palast. Sie traute dieser modernen Elektrizität nicht so ganz und benutzte deshalb Kerzen statt elektrischem Licht. Naja, das ging schief. Zwar konnte der Brand relativ schnell gelöscht werden, aber die Schäden waren doch gewaltig. Seitdem nahm man keine neuen Bewohner mehr auf. Inzwischen stehen alle früheren Privatwohnungen leer und auf dem Grundstück lebt in einem Cottage noch eine alte Freundin der Queen. Ansonsten gehört das Schloss wieder den Gespenstern. Dort spukt nämlich angeblich unter anderem Catherine Howard. Sie wurde wegen angeblichem Ehebruch im Tower geköpft.



Catherine Howard kann man übrigens nicht nur im Spuk-Korridor, sondern auch zweimal pro Woche im Schloss begegnen. Für Geschichts-Muffel, die keine Lust auf trockenes Bücherwissen zu haben, gibt es nämlich fast jeden Tag lebendige Geschichte zu sehen. Eine ganze Reihe von Schauspielern ist nämlich im gesamten Schloss unterwegs und spielt Szenen aus der Zeit Heinrichs des Achten, die sich genau so im Schloss abgespielt haben könnten. Da darf man mit Catherine Howard leiden, die mit List und Tücke des angeblichen Ehebruches überführt wird und ihren König um Gnade anfleht. Oder man wird Zeuge des Streits zwischen Heinrich, der unbedingt Anne Boleyn heiraten will und sich mit Kardinal Wolsey überwirft. Was genau es wo zu sehen gibt, findet man im täglichen Programmheft, das man an der Kasse bekommt. Wem das alles zu viel Geschichte ist, der genießt im Garten einfach die Musik der Lautenspieler.



Der Garten des Palastes ist übrigens mindestens genauso sehenswert wie der Palast selbst. Er erstreckt sich über einige Kilometer am hinteren Ausgang des Schlosses. Wenn man dort das Schloss verlässt und sich umdreht, erlebt man übrigens eine Überraschung. Während der Haupteingang im Tudorstil gebaut ist und wie eine trutzige Festung daherkommt, ist der neuere Teil im Süden und Osten der Anlage im Barockstil erbaut. Dafür ließ Christopher Wren fast den halben alten Palast abreißen. Schade drum, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen. Im Park findet sich alles, was das Gärtnerherz höher schlagen lässt. Der Privy Garden hat nicht nur prächtige Blumenbeete, die von einer ganzen Armada von Gärtnern gepflegt werden, sondern auch eine Orangerie und den größten Weinstock der Welt. Der Garten im Norden war einst ein großer Turnierplatz, von dem leider nichts mehr übrig geblieben ist bis auf einen Zuschauerturm. Erhalten ist noch der Irrgarten. Im östlichen Teil ist der Brunnengarten mit wunderhübsch gestutzten Eiben und Stechpalmen. Und im Museumsshop im hinteren Teil des Palastes gibt es für Gartenliebhaber sogar Samen und Gartenzubehör. Tulpenzwiebeln bekommt man übrigens, wenn man ganz lieb fragt, von den Gärtnern, die die Dinger nach der Tulpenblüte aus den Beeten entfernen. Oder man stibizt sie einfach vom Kompost ;-) Ich bin gespannt, in welcher Farbe meine Hampton-Court-Tulpe im nächsten Frühling blüht!

Die "Rückseite" des Schlosses ist ein waschechter Barockbau.


Gärtner at work.
Queen Fran winkt huldvoll aus der Kutsche. Die war eigentlich für Kinder. Aber sind wir nicht alle Kinder? So tief in uns drin?


Der Eintrittspreis von ungefähr 20 Pfund für Hampton Court Palace ist für alle, die alte Paläste und Geschichten lieben, auf jeden Fall gut angelegtes Geld. Wer mit dem Zug hinfährt und dafür nicht seine Oyster Card benutzt, sondern ein National-Rail-Ticket (gibt es am Automaten oder am Schalter an der Waterloo Station), der kann mit Hilfe der „2for1“-Couponhefte, die es ebenfalls an jedem Bahnhof gibt, die Hälfte sparen, so er denn zu zweit unterwegs ist. Wer per Boot zurück nach London, zahlt für die Tour noch einmal knapp 20 Pfund. Verhängnisvoll für meine Finanzen sind dann noch die Museumsshops. Diesmal war ich aber sparsam: Ich habe nur einen Regenschirm gekauft. Naja, eigentlich zwei. Den ersten habe ich nämlich irgendwo im Palast nach ungefähr einer Stunde verloren :-)

Wenn ich die große Krone nicht haben kann, dann will ich wenigstens diese hier!

Liebe Grüße
Fran




Kommentare

  1. Herzlichen Dank für Deine tollen Beschreibungen und die eindrucksvollen Fotos. Ich war zuletzt 1986 4 Wochen in Südengland unterwegs und ein paar Tage London gabs nochmal 1993. Ja. Ist wirklich ganz schön her. Die Eindrücke hätten es verdient erneut aufgefrischt zu werden.
    LG Sunny

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    1. Das ist wirklich lange her. Schenk doch dem Rudi einfach mal Karten für ein Konzert in London ;-)

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  2. Wie schön es dort ist, du hast alles gut beschrieben! Die Figuren sind grandios, Danke fürs Zeigen <3

    Liebe Grüße!

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    1. Die Engländer können das. Also nicht nur tolle Schlösser, sondern auch die Sache mit den Museen. Da sind die echt wesentlich besser als die Deutschen. Über österreichische Museen weiß ich jetzt allerdings nix. In Österreich haben mich meine Eltern immer nur Berge raufgescheucht... ;-)

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  3. doll is das bei könichs!
    danke für die führung! bin ja ganz hin&weg vom wren-barockbau - hach...
    xxxxx

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    1. *Lach* Ich finde die Vorderseite ja viel hübscher. Der Barockbau ist so.... barock eben.

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  4. Wie schön. Das wäre glatt noch mal eine Reise wert. Wie schade, dass gerade kein Urlaub ansteht. Aber bei Bedarf weiß ich ja jetzt, wo ich Tipps finde.
    Liebe Grüße
    Andrea

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    1. Man muss auch an die Kurzurlaube denken *grins* Ich fahre liebend gern einfach zwischendurch mal ein paar Tage weg. Vier Tage London und ich bin ein neuer Mensch. Naja, fast. Und pleite...

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  5. Hampton Court Palace habe ich auch schon besucht und könnte x Mal wieder hinfahren. Ich liiiiebe Schlößer, Burgen u.s.w. aus dieser Zeit.
    Toller Bericht und wunderschöne Fotos! Vielen Dank!
    LG
    Claudia

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    1. Ich sag ja, am liebsten da einziehen... Hach ja. In Windsor Castle gibt es noch Wohnungen für Träger des Hosenbandordens. Fragt sich nur, wie ich an den rankomme.

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  6. Oh wie herrlich Fran. Das passt gerade perfekt. Wir haben uns Hampton Court nicht angeschaut, ist ja wirklich alles kaum zu schaffen und mit Hund wahrscheinlich sowieso sinnlos. Deshalb freue ich mich gerade über Deinen tollen Bericht und die süßen Bilder. In London habe ich oft an Dich gedacht :)
    Liebe Grüße tina

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    1. Oh, ich freu mich schon sooooo sehr auf deine England-Posts! Und stimmt, Hund ist da nicht erlaubt, soweit ich weiß. Zumindest habe ich da noch nie nen Hund gesehen. Du musst dringend erzählen, wie London mit Vierbeiner ist!

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  7. Oooh, Hampton Court ist wirklich einen Besuch wert, das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Besonders den Irrgarten habe ich noch sehr plastisch vor Augen - ein Wunder, dass ich heute hiersitze und nicht noch immer nach dem Ausgang suche. Aber einen solchen chicen Umhang haben wir damals (vor 20 Jahren, die Zeit vergeht vielleicht ... *fassungslos*) nicht bekommen! Ich muss schon sagen, dass er wirklich perfektenst mit Deinem coolen Outfit harmoniert hat 😉.

    Und jetzt bin ich wirklich gespannt, ob mein Kommentar wieder nach dem Senden zweimal dasteht...

    Liebe Grüße


    Hasi

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    1. Huch, er steht wirklich zweimal da. Manchmal spinnt Blogger ein bisschen, scheint mir. Irrgärten sind auch meine Spezialität... zumindest, nicht wieder rauszukommen. Wobei der in Hampton Court klein ist gegen den in Barcelona. Da habe ich wirklich nicht wieder rausgefunden, der ist nämlich noch viel dichter gewachsen. Falls du nochmal hinkommst: Die Umhänge gibt es neben der großen Küche :-)

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  8. Danke dir für diesen tollen Post! Gleich mal auf Pinterest in meine Reise-Rubrik gepackt. Ich war noch nie in England, aber irgendwann schaue ich mir das an und bis dahin sammele ich fleißig Posts wie diesen. ;)

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    1. England ist toll. Da musst du unbedingt mal hin. Ich bin sicher, es würde dir gefallen.

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  9. Sehr schön, das steht auch noch auf meiner Liste. Ich war leider noch nie in England.
    Sehr interessant, Deine Ausführungen! Macht Lust, da direkt hinzureisen ...
    Schöne Urlaubstage noch!

    Liebe Grüße
    Sara

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    1. Auch wenn die Engländer ja nun nicht mehr zur EU gehören möchten - ich mag sie trotzdem. Und ihre Schlösser und Herrenhäuser und Hauptstädte und überhaupt...

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  10. Nie davon gehört, aber nach Deiner Beschreibung ist das Ganze definitiv einen Besuch für mich wert, obwohl ich mich nicht wirklich für Geschichte und Co. interessiere. Toll find' ich's trotzdem, und wenn ich mit dem Sohn hinführe, hätte ich auch noch den Geschichtsfreak dabei. Du verpackst den Stoff aber auch klasse - hättest Geschichtslehrerin werden sollen, dann hätte Gunda vielleicht auch mal zugehört. ;)

    Liebe Grüße
    Gunda

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    1. Dann pack mal deinen Sohn unter den Arm :-) In der Schule fand ich Geschichte auch nur semi-unterhaltsam. Nach der Schule hat sich das grundlegend geändert. Ich hätte größte Lust, irgendwann selbst noch mal Geschichte zu studieren. Aber Lehrerin - nee, dann müsste ich mich ja mit solchen Schülern rumärgern wie ich selbst mal einer war ;-)

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  11. So ein toller Post und so tolle Bilder! Und es passt für mich wie die Faust aufs Auge. Ich habe nämlich gerade eine Empfehlung von Anna ausgelesen. "Die Schwester der Königin" handelt von Anne Boleyn, bzw. ihrer Schwester. Und jetzt diese Bilder dazu!

    Und klar würde dir die große Krone auch gut stehen, aber die kleine ist auch schon sehr hübsch auf deinem Haupt! Das hat was. Huldvoll aus der Kutsche winken kannst du ja schon. :)

    Danke für den tollen Post.

    Lieben Gruß
    Sabine

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    1. Oh, ich muss mal nach Annas Empfehlung gucken ;-) Ich fresse ja jedes Buch von Rebecca Gablé, das mir vor die Nase kommt. Auf die Weise kommt man nämlich ganz oft nach Hampton Court.

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  12. Ein sehr schöner Bericht liebe Fran. War noch nie dort. Ist bestimmt eine Reise wert. Tolle Bilder und Eindrücke :)

    Liebe Grüße Sabine

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