So, jetzt sind sie also da. Die Zwanziger. „Die Goldenen Zwanziger“ so ist es im Moment fast inflationär zu lesen. Ja, natürlich kenne ich den Ausdruck. Manchmal habe ich aber das Gefühl, dass da der eine oder andere, der die Goldenen Zwanziger zelebriert, seine Geschichtshausaufgaben nicht gemacht hat.
Am Anfang dieser Goldenen 20ern standen in unsere Breitengraden die Folgen eines gerade beendeten Weltkrieges, als da wären Hunger und Not. Eine instabile Regierung in Deutschland, diverse Putschversuche, Massenstreiks und deren gewaltsame Niederschlagung. Dann war da die Hyperinflation. Und nach einigen Jahren vermeintlicher Stabilität kam nicht nur eine Weltwirtschaftskrise, sondern die Weimarer Republik, die nie sonderlich stabil war, schickte sich an, durch eine nationalsozialistische Diktatur abgelöst zu werden. Ja klar, für einige Menschen waren die Zwanziger golden. Es gab einen Wirtschaftsaufschwung und für Kunst, Kultur und Wissenschaft gab es fünf Blütejahre. Und all diejenigen, die es sich leisten konnten, tanzten in Charleston-Kleidchen auf dem Vulkan und trugen einen revolutionären Pagenkopf. Naja und diejenigen, die es sich nicht leisten konnten, die hungerten halt.
Diese 20er jetzt, 100 Jahre später, auf Lifestyle-Blogs zu feiern hat in meinen Augen einen etwas schalen Beigeschmack. Denn auf einem Lifestyle-Blog, da haben natürlich all die negativen Begleiterscheinungen der Goldenen 20er keinen Platz - zu viele bad vibes. Sowas will man nicht, man will ja schließlich die Anleitung zum ewigen Glück verbreiten. Also bleiben Inflation, Krisen und Hunger besser ausgespart. Hat ja auch nur das einfache Volk getroffen. Die, die keinen Zutritt in die verruchten Clubs hatten. Und die sind ja nun wirklich egal. Die trugen auch keine hübschen Kleider.
Vielleicht sollten wir unser Augenmerk anstatt auf das Katzengold einfach mal darauf setzen, dass das gerade begonnene Jahrzehnt nicht so endet wie die letzten 20er. Parallelen gibt es genug. Volk und Politik sind gefühlte Meilen voneinander entfernt, die Extreme erstarken und ob es nach der nächsten Bundestagswahl tatsächlich eine tragfähige Mehrheit für bürgerliche Parteien - die AfD ist für mich keine, da mögen MDR-Moderatoren sagen, was sie wollen - gibt, wer weiß das schon?
Klar darf man sich trotzdem noch über Mode oder andere schöne Dinge Gedanken machen. Ohne schöne Dinge wäre die Welt arm. Aber man sollte doch bitte nicht so tun, als wenn sich die Welt nur darum dreht. Tut sie nämlich nicht, auch wenn wir die Augen ganz fest zumachen. Und ich schätze mal, niemand von uns möchte irgendwann aus seiner Blase aufwachen und feststellen, dass die Welt scheinbar über Nacht eine böse Wendung genommen hat. Daher könnte ein Blick weniger in den Kleiderschrank und in die Online-Shops tatsächlich ganz nützlich sein, wenn man stattdessen einfach mal darauf, was man selbst tun kann, um diese 20er zu einem Jahrzehnt mit einem guten Ende zu machen.
Und nun zu den oberflächlichen Themen: Ich kann auch bunt. Nachdem mir der Ruf nachhängt, mich ausschließlich in schwarz, weiß, jeansblau und beige - Verzeihung camel - zu kleiden, trete ich heute mal den Beweis an, dass das gar nicht stimmt.
Die Daunenweste in knatschrot habe ich mir irgendwann mitten im Sommer gekauft, weil sie gerade so in meinem Kühlungsborner Lieblingsladen herumhing. Ich mag Daunenwesten, obwohl die ja nun auch nicht den allerbesten Ruf haben. Beim Stichwort „Daunenweste“ denkt der eine oder andere vermutlich automatisch an diese schmucken, leichten Westen für ältere, leicht frierende Damen, die einfach wahnsinnig praktisch sind, weil man sie indoor und quasi zu allem tragen kann. Für diese Spezies von Westen fühle ich mich allerdings noch nicht alt genug. Die dürfen noch 20 Jahre lang im Laden bleiben. Abgesehen davon ist mir in der Regel eher zu warm als zu kalt, da brauche ich indoor eher ein T-Shirt als eine Daunenweste.
Nö, meine Weste ist eher Typ „Eisbär“ für draußen. Für den Auftritt innerhalb von Gebäuden mit funktionierender Heizung eignet die sich eher nicht. Aber für Strandspaziergänge an kalten, sonnigen, und nicht zu windigen Tagen. Ersatzweise darf es auch gern ein Spaziergang am Hafen sein. Und weil es am Hamburger Hafen rund um die Jahreswende einfach höllisch voll ist, habe ich lieber den Harburger Hafen erkundet. Der ist nämlich auch schön. Da gibt es zwar nicht allzu viele dicke Pötte, aber hübsche kleine Schiffe, Und keine Touristen. Passend zur Eisbären-Weste habe ich ein paar Sneakers gefunden, die tatsächlich quietschbunt daherkommen. Ich liebe die Dinger, obwohl ich in Sachen Sneakers eigentlich auf weiß abonniert bin. Aber weiß ist im Winter nur eine semi-gute Idee, wenn man nicht gerade Schuheputzen zu seinen Hobbys zählt.
Ihr seht: Ich kann auch bunt :-)
Liebe Grüße
Fran
Danke.
AntwortenLöschenBG Sunny
Aber immer gern :-)
LöschenKlar ist dieser Ausdruck "Goldene Zwanziger" bei näherer Betrachtung einfach hirnrissig, und Vergleiche sowieso. Immerhin ist das 100 Jahre her, und ich bin froh und dankbar, in den Zwanzigern in diesem JH zu leben! Und bei den ganzen 20er-Motto-Partys etc. geht's halt ausschließlich um Mode und Mucke - und die waren ja schon ungewöhnlich, wenn auch nur für die oberen 10 000 zugänglich, auch klar!
AntwortenLöschenAlso Fazit: lieber bunt als golden! Außerdem weiß man ja, dass Gold und Braun farbtechnisch nicht weit auseinander liegen... ha! Sowohl in Kleidung (steht Dir super, dieser lässig-farbige Look) als auch im Denken und in der Politik will ich bitteschön Buntheit!
Liebe Grüße, Maren
Irgendwie hat dieses "Wir feiern doch nur die Mode und die Musik" ein ganz, ganz kleines bisschen nach "Adolf war ja auch nicht nur schlecht. Er hat ja immerhin Autobahnen gebaut". Und ich schätze. mal, es ist nicht wirklich allen klar, dass die 20er gar nicht mal so golden waren.
LöschenAber auf bunt statt golden können wir uns gern einigen :-)
Das Thema 20er Jahre hatte ich zuletzt auf der Heimfahrt aus dem Norden. Der Radiomoderator erinnerte mich daran, das wir jetzt in den 20 Jahren sind. Und ich fragte mich, weshalb die 1920er golden waren. Aus dem Krieg und rein in den nächsten. Hunger, elend, .... Meine Großeltern sprachen nie von goldenen Jahren.
AntwortenLöschenIch hoffe mal, dass unsere 20 Jahre bunter, schöner und sicherer werden. Und ich werde das meinige dazu tun, dass es so wird.
Liebe Grüße
Andrea
Naja, für wenige Menschen waren die 20er durchaus golden. Man musste einfach nur genügend Geld haben, dann waren es tolle Jahre. Und Kunst und Kultur blühten durchaus - bis das, was in den 20ern blühte, einige Jahre später verbrannt oder verboten wurde.
LöschenDu kannst hell sehen . oder ?? ich gucke grad die 3. Staffel von Downton Abbey . Ist natürlich geschönt zeigt aber auch im Unterton die Schattenseiten . Was ich aber begeistert anschaue sind die Frauen die diesen Stil aus dieser Zeit nach nähen . Für Kostüme oder so. Ansonsten bin ich sehr froh , heute zu leben;)
AntwortenLöschenLG heidi... die tatsächlich im Moment kein weiß trägt. Dir steht der Look total gut :))
ich habe gerade wieder mal die Weihnachtsfolgen diverser Staffeln gesehen und ich liebe die Serie. Und klar kann man begeistert ein von dem Stil der 20er. Ich finde ihn auch toll. Nur diese allgegenwärtige "die 20er waren ja soooo golden" darf gern mal hinterfragt werden :-)
LöschenEin ausgezeichneter Artikel, der nichts zu ergänzen hat, ich sag nur: lieber bunt und heute!
AntwortenLöschenJa, und du kannst auch bunt! Super cool sogar! Schöne bunte Bilder! Das ganze Outfit (inklusive bunte Sneakers!!) steht dir hervorragend!
Liebe Grüße,
Claudia
CLIMB ! also wenn das nicht Deine Schuhe sind. Fran klettert doch überall hoch... perfekt für dich und mal was anderes als Weiss.
AntwortenLöschenÜber Hamburger Knacker musste ich lachen. Aber ich hab natürlich nicht nur dein "oberflächliches" gelesen. Recht hast Du! Ich glaube die meisten kennen die "goldenen 20er" aus The great Gatsby. Meine Oma war Kind und was sie mir erzählte war alles andere als golden, von dem abgesehen was dann noch folgte :(
Ohh Downton Abbey mag ich auch, auch den Stil der Kleider. Sarah hat sich kürlich ein Kleid gekauft welches mich vom Schnitt her daran erinnerte.
Liebe Grüße Tina