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Jeans, Hemd, Lederjacke. Total individuell?



Einzigartig sein, das beansprucht wohl so ziemlich jeder in der großen Blogger-Blubberblase für sich. Wir kleiden uns in unserem individuellen, ganz eigenen Style und wohnen selbstverständlich, so wir die Kategorie „Interior“ auf dem Blog oder bei Instagram pflegen, ebenfalls individuell. Nichts liegt uns ferner als Trends hinterherzuhecheln. Nein, das würden wir niemals tun. Wir sind doch individuell!

Und doch scheint es mir manchmal – und das ist bei Instagram noch wesentlich deutlicher als bei denen, die noch ganz altmodisch bloggen – als sei all diese Individualität irgendwie geklont. Trends hinterherlaufen ist igitt. Und trotzdem sehen wir zur gleichen Zeit tonneweise Leoröcke aus Satin oder Kleider von Ganni im Sommer oder Teddymäntel respektive den Trench von Burberry im Herbst. An jedem Blogger, der etwas auf sich hält, baumelt bitteschön wahlweise eine schwarze Chanel-Tasche, irgendein Täschchen vom Hermes oder für diejenigen, die sich beides nicht leisten könnnen, eine der restlichen It-Bags dieser Welt von Chloé, Wandler oder wie sie nicht alle heißen. Gucci scheint nicht mehr so gern genommen zu werden, selbst der Doppel-G-Gürtel ist derzeit wohl mega-out.

In Sachen Interior setzt sich das Ganze dann fort. Wer keine Hay-Esstisch samt Vitra-Stuhl und Lammfell sein Eigen nennt, ist quasi draußen. Im Wohnbereich sollte ein Eames-Chair vorhanden sein und mit dem Togo von ligne roset kuscheln. Ach ja, die Monstera darf keinesfalls fehlen.

Das alles sind also die Zutaten für Individualität in den sozialen Medien. Selbstverständlich immer gepaart mit der Bemerkung, dass man sich ja für Trends zu schade ist. Nur: Warum sieht dann so vieles so gleich aus? Zara wirbt aus Prinzip nicht. Ist auch nicht nötig, denn die Zara-Fummel werden von so vielen Menschen auf Instagram als Modeinspiration gepostet, dass Inditex auf Werbung wohl großzügig verzichten kann. Die Klamotte vom Spanier, gepaart mit der Designertasche und den Designerschuhen, das ist ein Rezept, das man inzwischen überall unter der Rubik „Kreiere deinen Style“ findet. Und ja, Zara hat vermutlich 300 verschiedene Kleider im Angebot. Aber aus unerfindlichen Gründen konzentriert sich das digitale Interesse jede Saison auf maximal fünf davon.

Wir sind also alle total individuell. Wer es wirklich ist, wie etwa meine sehr geschätzte Bloggerkollegin Sabine, fragt sich langsam, ob ihr Blog noch sinnvoll ist. Dabei ist Sabine genau das, was eigentlich alle wollen: Sie ist individuell wie kaum jemand sonst. Zara-Kleider samt Designertasche findet man bei ihr garantiert nicht, Vitra-Stühle ebensowenig. Sabine kombiniert nach Herzenslust Mode, die eben nicht aussieht wie von der Stange, sondern wirklich individuell ist.

Woran liegt es dann, dass Blogs und Instagram-Accounts wie der von Sabine, die eigentlich das sind, wonach alle rufen, nämlich absolut individuell und die tatsächlich keinem Trend hinterherlaufen, nicht viel erfolgreicher sind als diejenigen, die eben das zeigen, was eher stromlinienförmig dem Massengeschmack entspricht und damit streng genommen so individuell ist wie ein VW Golf? Warum rufen wir alle – ich schließe mich da gar nicht aus – so laut nach Individualität, werden aber dann wie die Motten vom Licht von den immer gleichen Massenphänomenen angelockt? Ich habe keine Ahnung. Liegt es daran, dass dem Auge gefällt, was es hundertmal gesehen hat? Liegt die wahre Individualität ganz weit draußen, fern der Social-Media-Blubberblase? Außerhalb dieser Blase kenne ich beispielsweise tatsächlich niemanden, der Vitra-Stühle am Hay-Esstisch stehen hat.

Das Outfit von heute ist übrigens auch nicht sonderlich individuell. Jeans, Hemd, Lederjacke, Tuch. Typisch Herbst eben. Nix von Zara dabei, nix von Chanel. Zara habe ich übrigens in diesem Jahr noch nicht betreten, weder on- noch offline. Es sieht also aus, als wenn ich die einjährige Zara-Abstinenz, die ich mir zu Beginn des Jahres auferlegt habe, tatsächlich durchhalte. Und nein, das hat nichts mit Nachhaltigkeit, Individualität oder Gutmenschentum zu tun. Ich wollte einfach mal ausprobieren, ob es geht. Es geht. Mir fehlt nix. Hätte ich im vergangenen Jahr auch noch nicht für möglich gehalten. Die Jeans ist vermutlich schrecklich unvorteilhaft. Aber sie ist uralt, eine Levis, bequem und butterweich. Ich liebe das gute Stück. Die Lederjacke ist immerhin trendig cognacfarben. Aber sie hat auch schon diverse Jahre auf dem Buckel, ebenso wie das Tuch und das Hemd. Immerhin sind die Schuhe neu, und dann auch noch total un-individuell. Nahezu das gleiche Modell hat sich nämlich Kind, groß, im vergangenen Jahr gekauft. Zwölf Monate hat es gedauert, bis ich die in Größe Waldbrand-Austreter gefunden habe :-) Ob individuell oder trendig oder nicht, ich habe mich bei einem Bummel durch meine künftige Heimat, den Wilhelmsburger Inselpark, sehr wohl gefühlt und als spielplatztauglich hat sich das Outfit darüber hinaus auch noch erwiesen.






Ach ja, beim Umzug werden mich wohl meine alten Rattan-Stühle samt Pinien-Esstisch begleiten. Nix Vitra, nix Hay. Aber ich könnte immerhin ein Lammfell für die Stühle kaufen. Wobei: Dann bringt mich das vegane Kind um. Wäre auch doof.

Liebe Grüße
Fran




Kommentare

  1. Als Individualist wirst Du erst berühmt wenn dich ein GROßER berühmter Mensch in den Himmel hebt. Große Blogger , also die die sich im 5 stelligen Leser-Bereich befinden machen wenig , reden viel und zeigen was geht wenn man Geld hat.
    Ich bezweifle das die alle ehrlich sind . Sie wollen die Massen begeistern und nichts anderes . Und da heißt es sich zur Marionette zu wandeln . Schließlich will man begeistern. Da macht man halt was die anderen sich von einem wünschen. Oder ?

    Fazit wir werden es nicht... außer wir sind bekloppt genug waghalsige Sachen zu machen. Oder sich gerne und oft zum Leo zu machen.

    Ich glaube nichts ist schwieriger als in aller Munde zu sein . Außer natürlich Du bist wirklich bekannt. Dann geht´s royal lässig von der Hand .

    So lass mal gucken .... Eine Boyfriendjeans habe ich noch ..Eine weiße Bluse eh. Meine Lederjacke wäre länger hat aber die gleiche Farbe. Bei den Stiefelchen müsste ich farblich passen oder eine andere Absatzhöhe wählen . Tuch hätte ich auch , aber nur in uni .
    Gebongt Look könnte ich ziemlich das gleiche tragen ...*gg wenn ich wollte. Ich mag den . Er steht Dir :)))
    LG heidi

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  2. Dein urbaner Look gefällt mir ausgesprochen gut. Lederjacke, Jeans und Bluse. Dafür braucht man keinen Trend. Das ist vor allem Zeitlos.

    Ich hab tatsächlich in diesem Monat noch gar nicht in den Geschäften geschaut, geschweige denn, etwas gekauft. In die Klamotten von Zara passe ich eh nicht rein :)

    Danke für die Erwähnung.

    Liebe Grüße Sabine

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  3. Ich finde uns schon individuell. Selbst wenn wir die selben Teile tragen würden, würden wir ganz unterschiedlich aussehen. Wir sind alle nicht geklont. Allerdimgs habe ich in meinem virtuellen Umfeld auch nicht das Gefühl, dass jemand auf die von Dir genannten Must Haves irgend einen Wert legt.
    BG Sunny

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  4. Hach ich mag Deinen Look sehr gern. Das bist Du und ich finde das super so. Die Lederjacke ist schon toll :)
    Ich musste oft lachen, Du hast so recht. Alle sind so einzigartig gleich :)) Wobei sich das wohl auf Insta beschränkt, in meinem Umfeld und auch in Sarahs Umfeld begegnen mir diese Dinge nicht.
    Manche Sachen gefallen mir tatsächlich plötzlich, wie zum Beispiel Leo. Da musste ich mich erst rantasten.
    Schönen Mittwoch, liebe Grüße Tina

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  5. Liebe Fran :-)
    endlich habe ich mal wieder Zeit um vorbei zu schauen und schon hast du mir wieder ein schmunzeln entlockt. Wobei mich das ehrlich gesagt gar nicht stört. Gut, ich habe dann Schwierigkeiten die Insta Accounts auseinander zu halten. Aber auf der anderen Seite spart es mir auch Zeit. Kennst du einen, kennst du alle :-)
    LG Natascha

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  6. In dem Moment, in dem wir verschiedene Wesen sind, sind wir individuell in dem, was wir tragen. Ich werde nie so aussehen wie du, wenn ich das trage, was du heute hast.
    Einfach, weil ich völlig anders bin als du und das genügt schon, dass der Look anders aussehen wird. Außerdem mit einem anderen Accessoire, sieht jeder Look sowieso anders aus. Darüber hinaus wird jede Person, meiner Meinung nach, auf einzigartige Weise ein Outfit tragen, egal ob man dem Modetrend folgt oder nicht.
    Ich mag das Outfit sehr. Es ist so schlicht aber du siehst darin so klasse aus – und das ist für mich schon sonderlich individuell - nicht jeder kann!
    Liebe Grüße,
    Claudia
    PS.Du hast die LV Tasche vergessen! ;)

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  7. Ich habe ehrlich gesagt nie verstanden, warum wir so individuell sein müssen. Gleichzeitig aber auch auf gar keinen Fall oberflächlich. Ich hab damit zum Glück nicht so ein Thema (dafür Milliarden anderer Themen :-)!). Liegt vielleicht daran, dass ich mich ohnehin fast immer ein wenig "anders" gefühlt habe... da brauche ich eher Klamotten, die mich auf keinen Fall auch noch "anders" aussehen lassen. Und Oberflächlichkeit - bloß her damit! Tiefgründigkeit geht mir manchmal voll auf den Keks.
    Es ist wohl eine große Angst vorhanden, nicht als Individualist gesehen zu werden. Individualität als Statussymbol der "besseren" und "gebildeteren" Gesellschaft, sozusagen. Meine Güte, haben wir Probleme, aber echt!
    Dein Outfit gefällt mir super. Ich seh darin ein typisches "Fran-Outfit", würde Deinen Style unter tausenden erkennen, ob Du willst oder nicht :-)
    Liebe Grüße, Maren

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  8. Auf Instagram ist wenig individuell. Überall die gleichen Taschen, Gürtel etc. Ist ja auch egal, allerdings finde ich es ein bisschen langweilig. In wirklichen Leben sehe ich diese Outfits oder Accessoires eher selten. Willkommen in der Kleinstadt :)
    Liebe Grüße
    Andrea

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