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Diagnose Burnout: Auf der Suche nach einem Therapieplatz



Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, in der psychiatrischen Ambulanz. Geholfen hat man mir dort nicht nur mit regelmäßigen Gesprächsterminen, sondern auch mit Informationen über Therapiemöglichkeiten. Das ist nämlich ein echter Dschungel. Wer einmal nach „Burnout Therapie“ googelt, weiß, was ich meine.


Der Markt scheint lukrativ. Deshalb tummeln sich da nicht nur jede Menge vozugsweise Privatkliniken, sondern auch dutzende von Therapeuten und drölfzig Coaches. Geboten wird von der Burnout-Therapie in sieben Tagen in der Luxusklinik bis zum monatlichen Online-Gespräch zum günstigen Abo-Preis alles, was man sich so vorstellen kann.


Was häufig erst nach einigem Suchen klar wird, ist die Qualifikation derjenigen, die da Hilfe anbieten. Zu finden ist da quasi alles, von psychologischen Psychotherapeuten (das sind diejenigen, die nicht nur Psychologie studiert haben, sondern auch noch eine zweijährige Therapeutenausbildung absolviert haben) über Heilpraktiker bis hin zu Coaches, bei denen sich die Qualifikation darauf beschränkt, dass sie so empathisch sind, dass sie einfach alles können…


Mir war klar, dass ein selbsternannnter Coach für mich nicht die Lösung ist. Ich wollte, wenn es schon keine Wunderpille gibt, eine Therapie mit Hand und Fuß mit jemandem, der weiß, was er tut. Und dafür kann, finde ich zumindest, ein entsprechendes Studium nicht schaden. Ein 60-minütiges Online-Gespräch mit jemandem, der sich selbst aus dem Burnout geholt hat, für den Spottpreis von 300 Euro, die ich selbst zahlen darf, war mir dann doch etwas zu unqualifiziert.


Ich war daher heilfroh, dass meine Psychologin mir durch das Dickicht der Therapiemöglichkeiten geholfen hat. Allein hätte ich da wohl keinen Fuß an die Erde bekommen. Grundsätzlich hat man die Möglichkeit, sich einen Therapeuten für eine Gesprächstherapie oder einen Therapieplatz in einer Klinik zu suchen. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse, dazu braucht der Therapeut allerdings eine Kassenzulassung. Und damit fängt das Leid an… 


Therapeuten sind rar gesät und die Chemie zwischen Therapeut und Patient muss stimmen, wenn die Therapie erfolgreich werden soll. Diese Kombination sorgt dafür, dass die Jagd nach einem Termin ein gefühlt endloses Unterfangen sein kann und im schlimmsten Fall beim ersten Gespräch klar wird, dass das nix wird. Geduld muss man also unbedingt mitbringen - nur hat man die in der Regel echt nicht, wenn man im Burnout sitzt. Ein Therapieplatz in einer Klinik ist genauso schwer zu finden - wenn es denn überhaupt eine spezielle Burnout-Therapie in erreichbarer Nähe gibt.


Ich hatte Glück. Die Chemie zwischen meiner Psychologin und mir stimmte und auf diese Weise hatte ich in der Wartezeit auf einen Therapieplatz einen kompetenten Ansprechpartner. Außerdem hat sie die Recherche nach Therapieplätzen übernommen und mir verschiedene Möglichkeiten vorgestellt.


Ich hätte in der Tagesklinik, die der Ambulanz angeschlossen ist, eine Therapie in Sachen Depressionen machen können. Ihre Empfehlung war allerdings eine spezielle Burnout-Therapie in einer Stressklinik, die sich eben auf Burnout spezialisiert hat. Der Pferdefuß: Die Wartezeit war länger. Ich hatte Glück. Während meine Mitpatienten bis zu acht Monaten auf einen Platz warten mussten, waren es bei mir gerade mal drei Monate. Ich habe keine Ahnung, ob mein „Bewerbungsschreiben“ so überzeugend oder ob es einfach Zufall war.


Kurz vor Weihnachten stand auf jeden Fall fest, dass ich ab Ende Januar einen Platz in der Tagesklinik bekomme. Das war wohl mein schönstes Weihnachtsgeschenk. Allerdings hatte ich auch ganz schön Muffensausen. Eine achtwöchige Gruppentherapie, fünf Tage pro Woche von frühmorgens bis nachmittags, bei der Achtsamkeit, Meditation, Yoga und Qi Gong im Fokus stehen - äh ja.


Achtsamkeit  ist in den vergangenen Jahren zum Modewort geworden und kommt ständig und jederzeit mit den von mir so geliebten „positive vibes“ daher. War jetzt nicht so der Traum meiner schlaflosen Nächte. Meditation war ein Buch mit sieben Siegeln und beim Yoga habe ich mich bei meinem kläglichen Versuchen in der Vergangenheit als Körperklaus ausgezeichnet. Und Qi Gong hätte ich jetzt spontan als etwa so sportlich wie Schach oder Hallenhalma eingestuft.

Dass es so wie bisher nicht weitergehen konnte, war mir aber auch klar. Also habe ich mich einfach auf Achtsamkeit und Co. eingelassen. Schaden konnte das ja schließlich nicht. Und etwas dazulernen kann man überall. Also Luft anhalten, Mut zusammennehmen und los.


Liebe Grüße

Fran

Kommentare

  1. Yin Yoga habe ich jetzt ein paar Mal gemacht so gut ich konnte und was ich früher langweilig fand, geniesse ich jetzt. Hallenhalma… 😂😂😂
    Ich wünsche Dir ein wunderschönes Wochenende, liebe Grüße Tina

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    1. Bei Yin Yoga hätte ich mich bis vor einigen Wochen allerhöchstens totgelacht. Und jetzt: Wie du genieße ich es. Irre.

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  2. Das Schlimme ist, dass diese Worte so inflationär verwendet werden. Nicht ihre Existenz. Und dass wirklich (fast) jeder für sich beansprucht, sich auszukennen.

    Ich gebe dir Recht, Coaching könnte eine feine Sache sein mit entsprechender guter (ist fett gedruckt) persönlicher Ausbildung. Aber auch hier herrscht gerade inflationäre Verwendung. Ähnlich wie bei virtueller Assistenz.

    Erschließt sich mir komisch. Ja, ich bin auch ein (aus vielen guten und weniger guten Gründen) positiv denkender Mensch. Aber nicht in Zuckerwatte...

    Es ist wirklich eine Freude zu lesen, dass du so viel Glück und Erfahrung auf dir vereinen konntest. Was ich mich immer frage: Wenn wir so einen Mangel an Therapeuten haben, warum haben bzw. bekommen dann so wenige eine Kassenzulassung???

    Ich wünsche dir weiter alles nur erdenklich Gute und das Achtsamkeit und Hallenhalma für dich am Ende mehr bedeuten als die leider oftmals inflationäre Anwendung dieser Worte. (Ich hoffe, das kommt jetzt richtig an...)
    Liebe Grüße
    Nicole

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    1. Warum es so wenige Therapeuten mit Kassenzulassung gibt, weiß ich seit ein paar Tagen. Die Zahlen für die Kassenzulassungen stammen aus dem Jahr 1995. Seitdem hat sich leider niemand die Mühe gemacht, mal neuere Erkenntnisse zu sammeln. Und 1995 war ein Psychotherapeut eben noch etwas sehr Exotisches. Und deshalb boomen eben auch die Coaches. Die sind nämlich in der Regel günstiger als ein privat bezahlter Therapeut. Das ist alles echt nicht mehr lustig.

      Ähnlich ist es, wenn Blogger über Achtsamkeit schreiben, nur weil das Wort gerade Furore macht und man durch die massenweise Verwendung in den Google-Suchen besser zu ranken hofft. Blöd nur, wenn die Schreiber in der Regel nur eine ganz ungefähre Ahnung haben, über was sie da in wohlgesetzten Worten schreiben. Achtsamkeit ist es eben nicht, sich mal ein Wellness-Wochenende in einem Hotel zu gönnen, das man im Rahmen einer Pressereise besucht hat. Und Achtsamkeit ist es eben auch nicht, sich einmal pro Woche einen Strauß Blumen zu kaufen oder eben ein Blumenabo mit Rabattcode abzuschließen...

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  3. Ach, Fran,

    schön, wieder von dir zu lesen und dass du das ganze mit Humor sehen kannst.

    Trotz allem, leider werden auch so Begriffe wie Burn-out heute inflationär benutzt. Dann habe ich kürzlich gelesen, dass es auch Burn-On gibt und Bore-Out und natürlich unzählige neu auf den Markt gekommene Ratgeber. Erinnert mich etwas an die Hochbegabtenphase, in der jeder, der irgendwie auffällig war, nicht einfach auffällig war, sondern da musste ja mehr dahinter stecken, also vielleicht eine Hochbegabung?

    Und die selbst ernannten Psychotherapeuten (wobei ich nicht weiß, ob das eine geschützte Berufsbezeichnung ist. Wenn nicht, dann kann sich ja jeder so nennen, der auf einem 3-tägigen Intensivkurs war. ) Und ob dann nicht mehr Schaden angerichtet wird als geholfen, das will ich lieber nicht wissen.

    Äh, wo war ich?
    Keine Ahnung. Interessant, dein Weg in die Therapie und gut, dass du eine echte Psychologin als Hilfe hast.

    Viele Grüße
    Claudia

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    1. Oh, an die Hochbegabungs-Inflation erinnere ich mich auch noch sehr gut. Himmel, wie viele Kinder aus den Grundschulklassen meiner Töchter mussten Klassen überspringen, um den Beweis für ihre Hochbegabung zu erbringen...
      Und ja, auch der Begriff Burnout wird inflationär genutzt. Klingt ja auch schick, so nach wichtig sein und wahnsinnig engagiert. Ist aber letztendlich nix anderes als eine Depression - das möchten viele aber nicht so gern hören. Die ist ja negativ behaftet. Wie sagte der Oberarzt gestern zu uns: "Sie sind hier in der Psychiatrie. Und Sie sind hier mit Grund". Klingt dann echt nicht mehr so schick.

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  4. Ich vertrete ja schon immer dei These, das Leben sei leicht. Das zu erkennen fällt vielen aber schwer, weil von außen immer Ansprüche an sie herangetragen werden. Klar, es heißt, Konkurrenz würde das Geschäft beleben. Das halte ich aber für die Falsche Methode um Menschen zu Motivieren. Es ist nicht jeder gleich. Ich liebe mich für meine Kreativität, für meinen Mut, für mein Engagement, für meine Streitbarkeit, für meine Loyalität, für meine Begeisterungsfähigkeit. Und ich akzeptiere meine Faulheit. Und. Und das ist für mich die wichtigste Fähigkeit. Ich kann erkennen, wann etwas genug ist. Und kann einfach morgen weitermachen. Ich nehme mir einfach die Zeit, die ich für etwas brauche. Und wenn es 1000 Jahre sind. Da habe ich einen langen Atem. Das hält meine Psyche frisch. Ich lasse nicht zu, dass sie vom "Außen" verdüstert wird.
    Nimm Dir Zeit Fran. Zeit für Dich und das was Du willst. Im Laufrad rennen wie ein Hamster, das ist es sicher nicht.
    Werd wieder gesund. Schritt für Schritt. Jeden Tag ein kleines Stück.
    Ach, da kommt es wieder, ein Wort aus dem Bull Shit Bingo: "Entschleunigung".
    BG Sunny

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    1. Nun ja, mein Leben war nicht mehr leicht, es war aus den Fugen. Leicht fand ich da gar nix mehr. Meine Hochachtung vor allen, die es tatsächlich schaffen, sich Ansprüchen von außen so komplett zu verschließen. Ich habe das nicht geschafft. Dass die Ansprüche zum Teil toxisch waren, tat das Seinige dazu.

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  5. Zum Glück hast Du recht schnell die richtigen Menschen gefunden, die Dir weiterhelfen konnten. Wie Du schon schreibst, hat man ja gerade in dieser Situation keine Energie und keinen Weitblick, um sich im Beratungsdschungel durchzuschlagen.
    Achtsamkeit verdient Achtsamkeit. Sie ist ein Wert, der zum Glück nicht dadurch wertlos wird, dass viele nicht richtig wissen, worum es wirklich geht. Dass sie gut tut, merkst Du an Dir.
    Weiterhin einen guten, achtsamen Weg wünscht Dir herzlich, Sieglinde

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  6. Na ja, ich finde das Leben einfach (also im Sinn von nicht kompliziert) aber von leicht kann echt keine Rede sein. Sich den Ansprüchen anderer zu entziehen, wer das immer so schafft - Respekt! Ich habe mich schon bei Deinem letzten Bericht gefragt, wie Menschen mit Burnout/Depression etc. es wohl schaffen, sich im Beratungsdschungel zurechtzufinden und vor allem, einen Therapieplatz zu finden! Für mich ohne Hilfe ein Ding der Unmöglichkeit.
    ZUm Glück hat Dich Deine Psychologin bei der Suche unterstützt. Und Dein Muffensausen kann ich absolut verstehen - ich bin ja auch so ne Zynikerin, was gehypte Achtsamkeit etc. angeht. Und drei Yogakurse abgebrochen wegen innerer Lachflashs... ich glaube aber, wenn die stationäre Stresstherapie eine gute und seriöse ist (davon gehe ich aus), wird sie Dir sicher helfen! Das glaube ich ganz fest.
    Alles Gute und liebe Grüße
    Maren

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  7. Liebe Fran, ich finde es toll und bewundernswert, dass du deinen Weg durch das Burnout so offen beschreibst. Das hilft sicherlich vielen Betroffenen und nimmt die Scheu, sich selbst Hilfe zu suchen. Jedenfalls habe ich schon mal gelernt, dass ein Burnout in den Bereich der Depression gehört – für mich waren dies bisher gedanklich ganz unterschiedliche Krankheiten. Viele reden in unserer Gesellschaft zwar von Stress, aber wenn es dann um eine Therapie geht, gibt es doch Hemmungen. Bei einem gebrochenen Fuß wird jeder einen ausgebildeten Arzt zu Rate ziehen, bei psychischen Erkrankungen gibt es diese Grauzone mit Coaches und dergleichen, wo ein Laie oftmals die Qualifikation nicht wirklich feststellen kann. Daher ist es toll, das du in der Ambulanz so gut betreut wirst und es auch mit deiner Psychologie so gut klappt. Bei den Therapieformen wie Meditation oder Qi Gong waren meinen Gedanken ähnlich wie bei dir – ich wünsche dir viel Erfolg in den nächsten Wochen und freue mich, wenn du weiterhin dazu berichtest.
    Hab einen entspannten Sonntag und alles, alles Liebe Gesa

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  8. Liebe Fran,
    ich wäre froh gewesen, wenn mir vor 28 Jahren einer was von Therapie gesagt hätte. Ich bin mit meinen Symptomen von Arzt zu Arzt gelaufen und keiner hat gewusst, was mir mehr los ist. Für sie war ich gesund. Meine Frauenärztin hat bemerkt was los ist und hat mich zu einer Psychologin geschickt. Bei der war ich auch nur 2 mal, dann hat sie mie Tabletten verschrieben und das wars. Den Ausdruck Burnout kannte ich damals noch nicht und ich glaube, so einige Mediziner auch nicht. Tabletten habe ich bekommen und wenn ich gewollt hätte, noch mehr. Das wollte ich aud keinen Fall. Um da wieder raus zu kommen, das hat Jahre gedauert. Yoga, Meditation und und und habe ich mir alles selbst zusammengestellt.
    Schön, dass du die Tagesklinik gefunden hast. Alles Gute weiterhin.
    Liebe Grüße
    Gudrun

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  9. Achtsamkeit durch Meditation, Yoga und Qi Gong: Eine sehr gute Kombination, wie eine chinesische Freundin aus der Gruppe Tolle Frauen sagte. Sie sagt uns immer, wenn wir dieses ganze Set regelmäßig trainieren, werden wir sicherlich die Aufregung, die in schwierigen Situationen auftreten kann, reduzieren und somit keinen Stress aufkommen lassen. Ich wünsche dir also einen interessanten und unterhaltsamen achtsame-Weg.
    Liebe Grüße,
    Claudia

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