Direkt zum Hauptbereich

Ich hab's geschafft :-) Aber warum nun ausgerechnet Heilpraktikerin?



Seit Dienstag nachmittag grinse ich praktisch im Kreis. Denn seit Dienstag nachmittag bin ich Heilpraktikerin, beschränkt auf Psychotherapie. Ich habe nach der schriftlichen Prüfung im März nun auch meine mündlich-praktische Prüfung geschafft, und zwar (ja, ich bin stolz wie nix) im ersten Versuch. Monatelang habe ich gepaukt und referiert, Erst- und Zweitrangsymptome gelernt und Therapiemethoden nachgeschlagen. Und nun ist es geschafft :-)

„Heilpraktikerin? Du? Wie kommst du denn auf die Schiene?“ Das haben mich sehr, sehr viele Freunde und Bekannte gefragt, als ich ihnen im letzten Sommer erzählt habe, dass ich eine Weiterbildung zur Heilpraktikerin machen möchte. Die Fragen konnte ich sehr gut verstehen.


Heilpraktiker waren für mich immer irgendwie - merkwürdig. Mit Globuli hätte man mich nach sonstwo jagen können. Ich war Verfechter der Schulmedizin durch und durch. Bin ich übrigens immer noch. Globuli sind mir weiterhin suspekt und genauso fremd wie alles, was mit Esoterik zu tun hat. Und nun wollte ausgerechnet ich eine Ausbildung zur Heilpraktikerin machen? Klingt ein bisschen bescheuert. War es aber gar nicht.



Grund 1: Wissen sammeln


Nach Depression und Burnout wollte ich in erster Linie so viel wie möglich über psychische Störungen und Erkrankungen lernen. Woher kommen sie, welche gibt es und was kann man dagegen tun? Denn fest stand auch, dass ich eine Ausbildung zur Achtsamkeitstherapeutin machen wollte. Und in diesem Zusammenhang trifft man immer wieder auf Menschen, die nicht einfach nur unter Stress leiden. Sondern auch auf Menschen, die psychische Probleme haben. Und die wollte ich, wenn ich ihnen begegne, wenigstens identifizieren können, um sie dann zu einem entsprechenden Therapeuten weiterleiten zu können. Denn Achtsamkeit kann eine ganze Menge, aber sie kann ist eben auch kein Allheilmittel.


Alternativ hätte ich ein Psychologiestudium angehen können. Da Psychologie-Studienplätze aber eben nicht auf Bäumen wachsen, bei meinem Abi-Schnitt leider nur ein Privatstudium bliebe und mir fünf Jahre bis zum Master auch eine Spur zu lang waren - über die Notwendigkeit von Statistik-Klausuren lege ich mal den Mantel des Schweigens - erschien mir der Heilpraktiker Psychotherapie eine gute Sache. Der kommt ohne den wissenschaftlichen Überbau aus, beschäftigt sich ausschließlich mit psychischen Störungen (und nicht mit Statistik) und das war es ja, was ich wollte.



Grund 2: Ein theoretisches Fundament


Mir ist klar, dass auf dem kunterbunten Jahrmarkt der Coaches und selbsternannten „Therapeuten“ jede Menge Menschen unterwegs sind, die keinerlei formale Qualifikation haben. Die ihre Berufung daraus ziehen, dass sie selbst schonmal eine Krise überwunden oder beruflichen Erfolg gehabt haben. Das geht in einigen Fällen sicher auch gut.


Doch wenn man mit psychischen (und natürlich auch mit allen anderen) Krankheiten konfrontiert ist, ist das ein sehr heikles und sensibles Feld. Mag sein, dass sich viele Menschen, die ihre Dienste dort anbieten, dazu berufen fühlen und auch tatsächlich gut in dem sind, was sie tun.


Aber für mich selbst wollte ich etwas, was fundierter ist als „Ich hab das mal selbst erlebt“ oder „Ich habe ein Buch gelesen“ respektive die weltberühmte Youtube-Uni. Denn mein Erleben hat zwar mich geprägt, aber allgemeingültige Aussagen lassen sich daraus schlecht formulieren. Und mit der Gesundheit von Menschen spielt man gefälligst nicht. Also habe ich mich dafür entschieden, den Heilpraktiker zu machen. Auch wenn es monatelanges Lernen bedeutet und die Durchfallquoten so hoch sind wie die Zugangsvoraussetzungen niedrig.


Ohne ein ordentliches Fundament kommt jedes Haus ins Wanken. Und ein wankendes Haus will ich nicht.



Grund 3: Man kann unglaublich viel falsch machen


Je tiefer ich in den Stoff eingetaucht bin, umso deutlicher wurde mir, wie viel man als Therapeut falsch machen kann. Wenn jemand, der nicht entsprechend qualifiziert ist, jemanden „therapiert“, dann kann das auch mal lebensbedrohliche Folgen haben.


Nicht umsonst dürfen Heilpraktiker für Psychotherapie jede Menge Störungen und Erkrankungen gar nicht behandeln. Schwere Depressionen sind ebenso tabu wie Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen. Die zu behandeln ist psychologischen oder medizinischen Psychotherapeuten vorbehalten, die nicht nur ein Masterstudium in Psychologie oder ein medizinisches Staatsexamen absolviert haben, sondern auch eine mehrjährige Therapeutenausbildung. Und das ist gut so.


Ein Coach dagegen - und Coach darf sich jeder nennen - darf nichts „behandeln“. Er darf keine Erkrankung oder Störung diagnostizieren und er darf schon gar nicht jemanden therapieren, der krank ist. Ein Coach darf nur mit gesunden Menschen arbeiten. Ok, daran halten sich die meisten Coaches nicht.


Ich weiß nicht, wie viele Menschen ohne jegliche Ausbildung mir schon begegnet sind, die einen Burnout therapieren - gänzlich ohne Ausbildung. Einfach, weil sie mal selbst einen hatten. Ein beliebtes Feld für Menschen ohne Ausbildung sind auch Angststörungen oder Depressionen. Ich sag es gern noch einmal: Man kann bei solchen Störungen einfach unglaublich viel falsch machen. Und das kann dann eben auch mal lebensgefährlich werden.



Grund 4: Diagnose und Therapie sind zwei Paar Schuhe


Wenn ich mit meiner Ausbildung fertig bin, bin ich in der Lage, eine psychische Störung oder Erkrankung zu diagnostizieren. Nicht weniger. Aber auch nicht mehr. Im Anschluss an das theoretische Fundament kommt dann noch eine Therapieausbildung. Und ja, die gesamte Ausbildung - Heilpraktikerschein und Therapieausbildung - ist teuer und zeitintensiv. Außerdem gibt es da jede Menge Prüfungen, die ziemlich knifflig sind.


Ich kann gut verstehen, wenn man keine Lust hat, den Wert eines Kleinwagens, mindestens zwei Jahre Lernen und jede Menge Nerven zu investieren. Aber mir ist es das wert.


Im Übrigen habe ich im Laufe der Ausbildung vor allem eines gelernt: Was ich nicht kann. Das kann auch schonmal demotivierend sein. Oder man nimmt es eben als Ansporn, noch mehr zu lernen. Aber wenn ich ein Problem habe, dann möchte ich selbst dieses Problem gemeinsam mit jemandem bearbeiten, der sich auskennt. Wirklich auskennt.



Grund 5: Im Zweifelsfalle: Weiterleiten


Wenn ich einen Therapeuten suche, dann möchte ich, dass der in der Lage und auch willens ist, mich zu einem anderen Therapeuten zu schicken, wenn er selbst nicht in der Lage ist, mit mir zu arbeiten. Das funktioniert bei gut ausgebildeten Therapeuten hervorragend. Die wissen nämlich genau, was sie können und was nicht.


Ob das bei einem Coach genauso gut funktioniert, der der mich „behandelt“, obwohl ich eine Störung habe, die er nicht behandeln darf - weil er das nämlich gar nicht weiß - gehe ich lieber auf Nummer Sicher und suche mir jemanden, der weiß, was er tut und was er kann. Und eben, was er nicht kann.


Übrigens muss er das tun, denn für Heilpraktiker und Psychotherapeuten gilt eine Sorgfaltspflicht. Und das ist zwar keine Garantie für eine gute Behandlung. Aber immerhin ein Fingerzeig dahin, dass dieser Mensch seine Fähigkeiten einschätzen kann. Und mal ehrlich: Ein gebrochenes Bein lass ich auch nicht von jemandem behandeln, der mal ein Buch darüber gelesen hat. Oder selbst mal einen Beinbruch hatte.


Liebe Grüße

Fran

Kommentare

  1. Herzlichen Glückwunsch.🥳🥂 Wie gehts für Dich jetzt weiter? Eigene Praxis?
    Liebe Grüße Tina

    AntwortenLöschen
  2. Herzlichen Glückwunsch und viel Spaß und Lernerfolg bei der Therapeutenausbildung!

    AntwortenLöschen
  3. Herzlichen Glückwunsch und weiterhin gesunde Motivation bei deiner neu erlernten Tätigkeit. Machst du das jetzt in einer Praxis hauptberuflich?
    Liebe Grüße
    Nicole

    AntwortenLöschen
  4. Herzlichen Glückwunsch und alles Gute für Deine berufliche Zukunft. Ich hoffe, Du hast das gebührend gefeiert 🍾🍾🍾 Mich würde auch interessieren, wie es jetzt weitergeht.

    Liebe Grüße
    Sabine

    AntwortenLöschen
  5. Herzlichen Glückwunsch Fran. Wünsche dir eine gute und erfolgreiche Zeit als Heilpraktikerin. Stelle mir den Beruf spannend vor und auch sehr fordernd. Vor allem muß es sich super schön anfühlen wenn du mit deinem Wissen anderen Menschen helfen kannst. Viele liebe Grüße

    AntwortenLöschen
  6. Ich gratuliere ganz herzlich und hoffe, dass Du Dich da so einbringen kann, wie Du es Dir gewünscht hast. Klingt alles sehr gut und vernünftig, was Du schreibst, Fran.
    BG Sunny

    AntwortenLöschen
  7. Heute, 17.8., möchte ich dir zwei Glückwünsche überbringen – Gratulation zum erfolgreichen Abschluss und ich gratulieren dir auch ganz herzlich zum Geburtstag!:)
    Ich wünsche dir alles Gute und Liebe zu deinem ganz besonderen Tag und alles Gute für deinen weiteren Lebensweg!
    Auf das Geburtstagskind! Cheers!
    Claudia

    AntwortenLöschen
  8. Dem ist nichts hinzuzufügen - außer - herzlichen Glückwunsch!

    Uschi aus Bayern

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Dieser Blog ist mit Blogspot, einem Googleprodukt, erstellt und wird von Google gehostet. Es gelten die Datenschutzerklärung & Nutzungsbedingungen für Googleprodukte.

Wenn Du die Kommentare zu diesem Beitrag durch Setzen des Häkchens abonnierst, informiert Dich Google jeweils durch eine Mail an die in Deinem Googleprofil hinterlegte Mail-Adresse.
Durch Entfernen des Hakens löscht Du Dein Abbonement und es wird Dir eine entsprechende Vollzugsnachricht angezeigt. Du hast aber auch die Möglichkeit Dich in der Mail, die Dich über einen neuen Kommentar informiert, über einen deutlichen Link wieder abzumelden.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Gelernt im November: Von Hot Dogs, Fußball, Erbseneintopf und schlauen Frauen

Im Bann von Superwoman

Kleiderstange: So langsam wird es Winter